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Beredsamkeit 303
De miseriis
studiosorum
Geizkofler
Tirolbezug,
Entstehungs-
umstände
ger ausgefeilt als die lat. Reden, bedienen sich in hohem Maße biblischer Phrasen
und weisen überdies eine Reihe sprachlicher Fehler auf. Sie zeigen, dass Griechisch,
obschon bei den Jesuiten dem Lat. theoretisch beinahe gleichgestellt (Duhr 1896,
84–86), in Tirol zu Ende des 16. Jhs. doch auf wesentlich bescheidenerem Niveau
unterrichtet wurde.
Weit über die restlichen rhetorischen Produkte der Epoche ragt in literarischer
wie in geistes- und sozialgeschichtlicher Hinsicht die De miseriis studiosorum de-
clamatio auctore Luca Geitzkoflero Tyrolensi („Essay über das Elend der Studenten,
verfasst von Lucas Geizkofler aus Tirol“) hinaus (vgl. Tersch 1998, 404–422 ; Rädle
1999 und 2004).
Lucas Geizkofler (vgl. Farbtafel 10) wurde am 18. 3. 1550 in Sterzing geboren,
verbrachte aber als überzeugter Protestant den größten Teil seines Lebens außerhalb
Tirols. In den 70er-Jahren des 16. Jhs. durchzog er Süddeutschland, Frankreich und
Oberitalien und studierte dabei in Augsburg, Straßburg, Paris, Padua und Dôle, wo
er 1578 zum Doktor beider Rechte promovierte. Danach ließ er sich als Anwalt in
Augsburg nieder, wo er 1590 heiratete und 1620 starb (Schweizer 1976). Geizkofler
hinterließ eine Fülle teils gedruckter, teils nur hs. erhaltener Gelegenheitsreden und
-dichtungen, Briefe, ein Tagebuch sowie eine deutsche Autobiographie ; allerdings
hat nur ein Teil dieser Texte etwas mit Tirol zu tun (vgl. hier S. 260, 514).
Bei De miseriis ist ein Tirolbezug trotz der europäischen Dimension des Werkes
durchaus gegeben, einerseits durch Geizkoflers Selbstbezeichnung als Tyrolensis im
Titel, andererseits durch die im einzigen Manuskript, dem vermutlichen Autograph
TLMF, 1117, Bl. 337r–368v, verzeichneten Entstehungsumstände : Die subscriptio
gibt an : Sterzingae in aedibus fraternis / 17 Decembris anno Domini 76 („In Sterzing,
im Haus des Bruders, 17. Dezember im Jahr des Herren ’76“), und eine Vorbemer-
kung auf Bl. 336r ergänzt :
[…] welchen er zu Primalon in venedigischem gepiet gemacht, als er daselbs tempore pestis
ein Zeit lang verharren und quarantena machen müssen, derweil man inn aus Padoa kom-
mend durch oder in die graffschafft Tyrol nit wollen passieren lassen. Solchen tractatum
hat er hernach als er in sein Vatterland gen Sterzunngen kommen […] absolviert […].
Diese Angaben zeigen zugleich, dass es sich um ein während Geizkoflers studenti-
schen Wanderjahren verfasstes Jugendwerk handelt. Das ist insofern wichtig, als in
De miseriis zahlreiche Erfahrungen aus dieser Zeit eingeflossen sein dürften, wie die
folgende Inhaltsübersicht zeigt :
bei den Jesuiten schon in der in Innsbruck von Anfang an vorhandenen unteren Grammatikklasse
auf dem Lehrplan stand (Duhr 1896, 262 ; Lechner 1907–1914, Teil 2, 60).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ãœberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593