Page - 316 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Image of the Page - 316 -
Text of the Page - 316 -
316 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog FerdinandsÂ
II. von Tirol (1595)
viertes Buch
fĂĽnftes Buch
Tendenz
Selbstbild statt mit ut eingeleitet. Innozenz’ Sätze sind sehr lang, jedoch ohne sich in einen
kunstvollen Periodenbau zu fĂĽgen. Hier scheint weniger Livius als vielmehr Ammi-
anus Marcellinus Pate gestanden zu haben.
Wie sehr Innozenz noch zwischen mittelalterlicher Chronik und humanisti-
schem Geschichtswerk zu verorten ist, zeigt ein Vergleich der beiden jeweils recht
eigenständigen Bücher vier und fünf : Im vierten Buch wird eine wohl durchdachte,
kunstvoll gegliederte Kulturgeschichte Trients entworfen. Nach der Beschreibung
der wichtigsten Bauten (158–164) werden das Umland und die Wirtschaftsgrund-
lage der Menschen behandelt. Ein Verzeichnis der Kirchen und Klöster sowie der
nach Trient tributpflichtigen Pfarren aus der Umgebung zeigt den Reichtum der
Kirche (167–183). An erster Stelle der Beschreibung der Menschen stehen Adelige,
es folgen Politiker, Ärzte und Rechtsgelehrte (184–195). Abgesehen von den Ka-
talogen ist das ganze Buch durchgehend ausformuliert und rhetorisch ausgefeilt.
Ein ganz anderes Bild bietet das fĂĽnfte Buch, das zwar mit Annales Tridentinorum
(„Trientner Chronik“) überschrieben ist, in Wirklichkeit jedoch eine nach Jahren
geordnete Weltgeschichte in kurzen Stichworten darstellt. Die Einträge beginnen
mit dem Galliereinfall in Italien im 3. Jh. v.Chr. und reichen mit zunehmender
Genauigkeit bis ins Jahr 1595 (BCT, ms. 4, 252). Das Hauptinteresse in der jĂĽnge-
ren Vergangenheit gilt Wetterkatastrophen und Missernten. In Tabellenform stehen
sich Jahreszahl und kurze Notiz ĂĽber das jeweilige Geschehen gegenĂĽber, die Dik-
tion ist die einer knappen und bĂĽndigen Materialsammlung.
Ein wichtiger Gesichtspunkt, unter dem ein Trientner Geschichtswerk des 16.
Jhs. betrachtet werden muss, ist seine Einstellung in der Frage nach der Zugehö-
rigkeit des Bistums zu Tirol. Innozenz ist hier eher – wenn auch zumeist implizit
– dem italienischen Raum zugeneigt : Wenn die Stadt mit anderen verglichen wird,
so werden stets oberitalienische, nie österreichische oder deutsche Beispiele heran-
gezogen. Neben dem Lat. ist nur das Italienische, nicht aber das Deutsche präsent.
Mit ĂĽberraschender AusfĂĽhrlichkeit werden am Ende der Annales auch der Tod
Erzherzog Ferdinands II. und das Ausbleiben von Totenfeiern in Trient geschildert
(249).
Am Ende der Einleitungspartie des ersten Buches (BCT, ms. 5, 9–10) findet sich
eine der ansonsten seltenen Aussagen von Innozenz ĂĽber sein eigenes Schaffen :
Magna integritate singularique praestantia Tridentinum episcopatum administrarunt ac adeo
summa cum laude rexere, quod rerum gestarum gloria Tridenti pontifices ipsi pluresque ex sub-
iectis virtute militiae, doctrina ac praelatura praeclaris exemplis fulsere, prout in sequentibus
libris singulorum praelatorum vitas et gesta clarissima clarorumque Tridentinorum insignium
memorabilia perpetuae memoriae in patriae historia praesenti animus texendi est mihi ope
divina.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593