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324 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog FerdinandsÂ
II. von Tirol (1595)
Wirkung
Gerhard de Roo
Annales:
Fertigstellung
durch Dietz am Klerus, der sich viel zu wenig um die ihm anvertraute Herde kĂĽmmere, um
lieber der groĂźen Politik nachzugehen, war schon in den Collectanea zu spĂĽren (vgl.
Egger 1867, 17), kommt aber in dieser Schrift noch deutlicher zum Ausdruck. Die
Biographien (z.B. Hirn 1885–1888, Bd. 1, 356) berichten weiters, dass Putsch bis
zu seinem Tod 1572 noch mit der Arbeit an einem österreichischen Stammbaum
beschäftigt war, der als verschollen gelten muss.
Direkten Einfluss hat Putsch auf das Schaffen Gerhard de Roos genommen, der
ihn in seinen Annales (97) im Zusammenhang eines Treffens zwischen Ludwig dem
Bayern und Friedrich dem Schönen 1327 in Innsbruck zitiert. Auch in der Sa-
pientia Salomonis (vgl. hier S. 252–256) widmete de Roo seinem Freund ein aus
33 Chol iamben bestehendes Gedicht (Bl. Kiiiv–Kiiiir). Christoph Wilhelm Putsch
hatte ihn aus Anlass des Todes seines Bruders Johannes aufgefordert, einen poe-
tischen Nachruf zu verfassen. In dem Gedicht wĂĽrdigt de Roo auch Christoph
Wilhelms Tätigkeit als Historiker (Hirn 1885–1888, Bd. 1, 356–357). Mit Gerhard
de Roo kann nun auf einen Tiroler Historiker ĂĽbergegangen werden, der sich vor-
nehmlich mit Österreichischer Geschichte beschäftigte :
Wann genau Gerhard de Roo in Oudewater (Holland, Provinz Utrecht) gebo-
ren wurde, ist nicht bekannt ; fest steht, dass es ein 9. Dezember war. Als Bassist
verdingte er sich in der kaiserlichen Kapelle in Böhmen, wo er 1564 in die Dienste
Erzherzog Ferdinands II. trat und diesen nach Tirol begleitete ; dort wurde er 1571
Präzeptor der Kapellknaben. Große Geldnot, ein ständiges Ärgernis in de Roos
Leben, brachte ihn dazu, eine Privatschule einzurichten, um sich so einen kleinen
Nebenverdienst zu schaffen. In den Jahren 1576 und 1577 waren es immerhin 24
SchĂĽler, die er so unterrichtete. Nach dem Tod seines Vaters und seiner BrĂĽder
unternahm de Roo 1578 eine Reise in die Heimat, um sich um seine zwei noch
lebenden Schwestern zu kümmern. Eine entscheidende Änderung in de Roos Le-
ben stellte seine Bestellung zum Verwalter der Kunstkammer und Bibliothekar auf
Schloss Ambras dar, wo er dem am 1. Oktober 1580 verstorbenen Jakob Wacker
nachfolgte. So wird er in der Widmungsepistel der Annales (Bl. a2r–[a4]r) an Erz-
herzog Ferdinand II. auch als celsitudinis tuae bibliothecarius („Bibliothekar deiner
Erhabenheit“) angesprochen. Sein Gehalt wurde erhöht, er bezog freie Wohnung
im Schloss und war weiterhin Mitglied der Kapelle des Erzherzogs. Dennoch bes-
serte sich de Roos finanzielle Lage nicht : Die letzte Nachricht, in der er am 21. Juni
1588 erwähnt wird, ist die Anweisung einer Gnadenbeihilfe von 150 Gulden durch
den Erzherzog zur Drucklegung seiner Annales. 1589 starb de Roo und hinterlieĂź
so wenig Vermögen, dass sich Ferdinand der Hinterbliebenen annehmen musste.
Im Gegensatz zu seinen poetischen Werken (vgl. hier S. 252–256) konnte de
Roo die Veröffentlichung seines Geschichtswerkes Annales rerum belli domique ab
Austriacis Habsburgicae gentis principibus gestarum („Chronik der Taten der öster-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593