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348 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog FerdinandsÂ
II. von Tirol (1595)
Auswirkungen des
Luthertums
Fazit psychische Konstitution in dem von Flasch beschriebenen Sinn geprägt haben, frei-
lich ohne seine intellektuelle Leistung zu schmälern (Lohse 1981, 35–39). Der von
Flasch angeprangerte und in der Tat rĂĽde Ton Luthers war im 16. Jh. Standard
(Kantzenbach 1972, 9, 75 ; Lohse 1981, 91–96) – Flasch selbst ist diesbezüglich ja
auch nicht zimperlich.
Relativ breiter Raum wird schlieĂźlich den moralischen, gesellschaftlichen und
politischen Auswirkungen der Lehre Luthers gewidmet : Während die Luthera-
ner die Katholiken nach übertrieben strengen moralischen Maßstäben beurteil-
ten, seien unter ihnen selbst Rivalitäten, Feindseligkeiten und Unsittlichkeit weit
verbreitet (causae 14, 18, 19). Die Forderung nach dem allgemeinen Priestertum
habe zu einem Mangel an Bildung unter den Geistlichen gefĂĽhrt, der seinerseits
den Verlust einer gediegenen Diskussionskultur und ein Chaos häretischer Ansich-
ten zur Folge gehabt habe (causa 20). Viele Menschen seien aus diesem Grund in
schwere persönliche Krisen geraten (causa 21). Auf politischer Ebene bedrohe das
Luthertum zudem die weltliche Ordnung (causa 16). Die letztgenannte Anschuldi-
gung ignoriert diejenigen Aussagen Luthers, die man heute unter dem Begriff der
Zwei-Reiche-Lehre zusammenfasst (Lohse 1981, 190–196 ; Zahrnt 1986, 154–160 ;
Schwarz 1998, 156–160) : Luther forderte Freiheit nur vor Gott und erkannte Staat
und Gesellschaft als unanfechtbare Autoritäten an (Kantzenbach 1972, 10, 55–59 ;
Korsch 1997, 128–142). Seit 1521 distanzierte er sich wiederholt von jeglichen
sozialrevolutionären Versuchen und sah im Landesstaat den einzig denkbaren Rah-
men zur Umsetzung der Reformation (Brecht 1986, 71–72 ; Press 1986, 28–34 ;
Schwarz 1998, 169–173, 216–221).
Flaschs Fazit lautet hingegen : Wäre er Lutheraner geblieben, hätte er keine Ruhe
finden können. Nun gewähre ihm das Bekenntnis zur katholischen Kirche Frieden,
lasse ihn auf einen Hafen des Heils zusteuern und die Einheit des Geistes bewahren.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593