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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
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Medizin 371 selbst. Der immer wieder durchbrechende Lokalpatriotismus bewirkt dabei bisweilen eine idealistisch übersteigerte Beschreibung der Schönheit der Gegend und der Annehmlich- keiten, welche die Bäder zu bieten hätten. So beeilt sich Venusti beispielsweise zu beto- nen, dass der etwa 60 Meilen lange Weg vom Comersee nach Bormio wenigstens alle drei Kilometer eine Raststätte aufweise, die den Reisenden Erholung biete. Ein Reisender müsse zudem auf seinem Weg durch das Tal keine Angst haben, da es so gut wie keine Räuber gebe ; jene, die sich dennoch in Untaten versuchten, würden in der Regel alsbald ausfindig gemacht und hart bestraft. Weiters werden die Bewohner Bormios allesamt als äußerst gastfreundlich und zivilisiert im Umgang mit Fremden, v.a. aber als kerngesund4 dargestellt. Außerdem schenke die außergewöhnlich gute Luft den Bewohnern Bormios ein langes Leben : Es fänden sich häufig Leute, die älter als 100 Jahre seien. Auch bei der Beschreibung der Heilquellen auf dem Monte Braulio sowie der Badequartiere ober- halb des Ortes ergreift Venusti sofort die Gelegenheit, die gut angelegten Fahrwege dort- hin sowie den Komfort der Unterkünfte lobend zu erwähnen – vielleicht eingedenk des schlechten Zeugnisses, das manche Patienten der verkehrstechnischen Infrastruktur und der Hotellerei Wildbäder allgemein ausstellen. Mit Verweis auf seine ärztliche Erfahrung mit den Wirkungen der Bäder (in den Aus- führungen findet sich allerdings kein einziger konkreter Verweis auf eine Krankenge- schichte) listet Venusti nun jene Krankheiten auf, die in Bormio kuriert werden könnten. Unter diesen (es sind insgesamt 48) findet sich fast alles, was ein Mediziner damals kannte, von der einfachen Hautreizung über Gallenprobleme bis hin zum Tinnitus. Der Verfasser erklärt allerdings auch, dass die Bäder bei gewissen pathologischen Phänomenen schädlich sein könnten, so z.B. bei Syphilis. Auch weist er darauf hin, dass ein Kuraufenthalt eine Form der medizinischen Behandlung sei, die nur Kranken zustehe : Nam bene valentibus non opus est medico neque balneo (7 ; „Denn ein Gesunder benötigt weder einen Arzt noch einen Kuraufenthalt“). Damit wendet er sich dezidiert gegen den Badebetrieb zum bloßen Zeitvertreib, wie ihn bereits der italienische Humanist Poggio Bracciolini und der Nürn- berger Wundarzt Hans Folz angeprangert hatten (Kiby 1995, 35–36 ; Studt 2001, 40). Bei den unterschiedlichen Behandlungsratschlägen, welche durch einen kurzen Katalog konkreter Fallbeispiele erläutert werden, zeigt sich der Verfasser der galenischen Tempera- mentenlehre noch stark verhaftet : Er fordert, dass man bei der Kur auf die unterschiedli- che thermische Beschaffenheit bestimmter Zonen des Körpers achten müsse. Weiters gibt er konkrete Anweisungen zum Verhalten beim Baden, Duschen oder Trinken und regt dazu an, dass die Zeit des Badens bzw. die Menge des aufgenommenen Wassers streng nach Alter und Körpergröße sowie Gewicht festgelegt werde. Für die Zeit des Aufenthaltes 4 Venusti mutmaßt, dass dies von dem hervorragenden Rotwein der Gegend komme, den er als bes- ten Italiens preist und der der Qualität des Wassers in nichts nachstehe, wie auch schon der Schwei- zer Chronist Johannes Stumpf 1548 festgestellt hatte (vgl. Martin 1906, 352).
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
TYROLIS LATINA
Subtitle
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Volume
1
Authors
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Editor
Karlheinz Töchterle
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
602
Keywords
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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