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Rechtswissenschaft 379
Centum consilia
erster Fall
ihn Kaiser Ferdinand I. in den Adels-
stand, 1545 wurde er zum kaiserlichen
Rat ernannt (Ranieri 1987, 281–284).
Quetta redigierte nicht nur, wie bereits
erwähnt, im Auftrag von Cles 1528 ein
neues Trientner Statut (s. Abb. 50 ; vgl.
hier S. 201), sondern hinterließ auch
eine FĂĽlle juristischer Gelegenheits-
schriften, von denen nur der kleinere
Teil gedruckt wurde, während sich der
größere hs. in der BCT befindet, sowie
eine groĂźe Zahl von Briefen an Cles, die
in der BCT und im AST liegen (Ranieri
1987, 308–310).
Quettas bedeutendstes juristisches
Werk ist das Resultat seiner ausgedehn-
ten Tätigkeit als Verfasser juristischer
Konsilien (s. zu dieser Gattung hier
S. 202–203) : Seine Centum consilia
(„Hundert Gutachten“) behandeln ver-
schiedenste Fälle aus dem Bistum Tri-
ent, deren Parteien zum größten Teil weltliche und geistliche Würdenträger waren.
Sie wurden von Quettas Neffen Francesco gesammelt und erschienen unter leicht
abweichenden Titeln 1601 in Frankfurt und 1609 in Hamburg (Ranieri 1987,
308–309).3 Inhaltlich geht es meist um Fragen, die man heute zum öffentlichen
Recht zählen würde, etwa um Regalien, Lehensrecht, Immunität und Kriegsrecht.
Interessant sind diese Gutachten v.a. deshalb, weil sie auf dem Trientner Statut von
1528 fuĂźen, das ja Quetta selbst redigiert hat, und dieses fĂĽr den Einzelfall aus-
legen. Wir erfahren hier also aus erster Hand, wie der Schöpfer des Statuts dieses
konkret verstanden wissen wollte (vgl. Ranieri 1987, 284, 288–291).
Der erste Fall behandelt die Frage, ob der Vertreter des französischen Königs
beim Betreten einer Kirche vor oder nach dem des deutschen Kaisers gehen solle.
Nach Aufzählung und Widerlegung der rationes dubitandi, d.h. derjenigen Argu-
mente, die für den Franzosen ins Feld geführt werden könnten, entscheidet Quetta
zugunsten des deutschen Kaisers. Was aus heutiger Sicht wie eine protokollarische
wertvolle Quelle zum Ablauf einer solchen Bestätigung und zu den Zuständen an der Römischen
Kurie am Vorabend der Reformation dar.
3 Im Folgenden wird nach dem Hamburger Druck zitiert.
Abb. 50: Titelblatt der Trientner Statuten des
Antonio Quetta.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593