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Epochenbild 393
Ende der Tiroler
Habsburger
Jesuitengymnasien
seinem Tod mindestens sechs Opern bedeutender italienischer Komponisten und
Librettisten aufgefĂŒhrt, u.a. LâArgia von MarcâAntonio Cesti und Giovanni Filippo
Apolloni. LâArgia war Teil der Feierlichkeiten, die 1655 fĂŒr Königin Christine von
Schweden in Innsbruck abgehalten wurden. Die Tochter Gustav II. Adolfs, des
protestantischen FĂŒhrers im DreiĂigjĂ€hrigen Krieg, trat auf ihrer Reise nach Rom
zum Katholizismus ĂŒber und legte in Innsbruck öffentlich das Glaubensbekenntnis
ab, ein Ereignis, das die Aufmerksamkeit ganz Europas fĂŒr kurze Zeit auf Tirol und
seinen LandesfĂŒrsten lenkte. Dementsprechend geizte Ferdinand Karl nicht mit re-
prÀsentativem Aufwand. Im Zusammenhang mit dem Besuch und der Konversion
Christines ist auch eine ganze Reihe lat. Schriften entstanden (vgl. Schaffenrath
2004), u.a. aus der Feder des 1651â1659 am Innsbrucker Hof als Geschichtsschrei-
ber tÀtigen Franziskaners Diego Lequile. Dieser ist eine der bedeutendsten literari-
schen Gestalten, die von Ferdinand Karl gefördert wurden. Von ihm erhoffte sich
der LandesfĂŒrst Ă€hnlich wie einst Maximilian von Franciscus Guillimannus eine
reprÀsentative, dezidiert habsburgische Geschichtsschreibung. Im Unterschied zu
Guillimannus konnte Lequile aber tatsÀchlich auch einige Werke vollenden. Als
besonders wirkmĂ€chtig fĂŒr die weitere Selbstdarstellung des Hauses Habsburg sollte
sich sein mehrbÀndiges, in Innsbruck erschienenes Werk Pietas Austriaca erweisen,
in dem zum ersten Mal der spĂ€tere Topos von der katholisch-rechtglĂ€ubigen âöster-
reichischen Frömmigkeitâ als Grundlage der panegyrischen Darstellung des Hauses
verwendet wurde.
Als Ferdinand Karl 1662 nach einer plötzlichen Erkrankung starb, hinterlieà er
keinen Erben. Sein Bruder Sigmund Franz (1630â1665), der ihm als Landesherr
von Tirol nachfolgte, teilte bald sein Schicksal und starb verfrĂŒht. Das bedeutete
das Ende der Tiroler Habsburger. Das Land fiel an den Kaiser und römisch-deut-
schen König Leopold I. zurĂŒck. Der Innsbrucker Hof verlor damit auch seine her-
ausragende Stellung als Zentrum von Kunst und Literatur.
Neben den Höfen haben die Schulen der Jesuiten den gröĂten Beitrag zur lat.
Literatur in der behandelten Epoche geleistet. Da die Jesuiten in der Regel die NĂ€he
des Hofs suchten und meist auch seine Gunst fanden, kam es zu zahlreichen Ăber-
schneidungen zwischen den beiden Zentren Hof und Gymnasium. Das oft auf hö-
fische AnlÀsse zugeschnittene Jesuitendrama wurde schon erwÀhnt. Hinzu kommt
eine ganze Reihe von panegyrischen Dichtungen und Reden. Allerdings ist die poli-
tische Dimension der jesuitischen Literaturproduktion nur ein Teilaspekt, ĂŒber dem
das erzieherische und religiöse Moment nicht vergessen werden darf. Das öffentliche
Bildungswesen ist in dieser Epoche fast gĂ€nzlich in die Hand der Jesuiten ĂŒberge-
gangen. Die schon vor der Niederlassung der Jesuiten bestehenden âMittelschulenâ
(v.a. Klosterschulen, stÀdtische Lateinschulen) wurden zusehends von den neuen
Gymnasien verdrĂ€ngt (vgl. Engelbrecht 1982â1988, Bd. 2, 173â184). Bezeichnend
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Ć ubariÄ
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Ć ubariÄ) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Ć ubariÄ) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Ć ubariÄ) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur GrĂŒndung der UniversitĂ€t (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Ć ubariÄ) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Ć ubariÄ) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593