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452 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Zweck Zuvor aber erscheint noch Menalcas mit seinem Sohn zur Doktorausbildung. Der Schul-
leiter tritt auf, um Preise an die tüchtigen Schüler zu vergeben, findet deren aber nur we-
nige. Da ihm Misologus als Grund des Übels angegeben wird, will er ihn verhaften lassen.
3. Akt : Menalcas bekommt von einem arglistigen Schüler den Rat, viel zu träumen,
um die Poetik verstehen zu lernen. Das beherzigt Menalcas auch. Bei der Prüfung glänzt
er vor der Kommission um Misologus mit seinen falschen Antworten. Der gewissenhaft
vorbereitete Sohn fällt durch. Misologus wird verhaftet und abgeführt. Die Musen bekla-
gen in einem Lied den Niedergang der Bildung. Die einstigen Kameraden verspotten den
eingesperrten Misologus. Otiologus, einer seiner Gefährten, erweist sich als der leibhaftige
Teufel, der ihn verführt hat. Misologus muss so lange einsitzen, bis die Schulden eines von
ihm betrogenen Gläubigers bezahlt sind. Er warnt seine Mitschüler eindringlich vor der
Faulheit.
Trotz der Leichtigkeit des Stoffs sind huldigende Adressen an Erzherzog Leopold
V.
unverkennbar. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass Bildung ohne Fröm-
migkeit nichts wert sei. Dieses Motiv gipfelt in der Entschlüsselung des Wahl-
spruchs Leopolds V., in dem die Frömmigkeit im Zentrum steht. Unter seinem
Patronat, will das Stück also sagen, kann die wahre, christliche Bildung gedeihen.
Das Ende des Stücks geht fließend in die schon erwähnte distributio praemiorum
über, in der die besten Schüler des Jahres als Belohnung einen Buchpreis erhiel-
ten. Während im Drama, wie es im Vorspann der distributio praemiorum heißt, ein
schlechter Schüler im Mittelpunkt stand, rücken nun die guten Schüler ins Zent-
rum. Jeder Gewinner wird mit ein paar persönlichen Worten bedacht. Da der Text
solcher Preisverleihungen meist nicht überliefert ist (vgl. aber hier S. 299), sollen
zwei kurze Beispiele gegeben werden.
Ex humanitate
Solutae orationis – Andreas Kiechel
Multo sudore opus est ad parandam victoriam. Tu nondum sudas : et tamen accipis praemium.
Fabium nempe Imperatorem imitaris, qui cessando vincis.
Aus der Humanitas-Klasse
Prosarede – Andreas Kiechel
Es kostet viel Schweiß, den Sieg zu erringen. Du schwitzt noch nicht und erhältst dennoch
den Preis. Du machst es nämlich wie der Feldherr Fabius :14 durch vorsichtige Zurückhal-
tung kommst du zum Erfolg.
14 Quintus Fabius Maximus Verrucosus († 203 v.Chr.). Seine hinhaltende Kriegsführung im Zweiten
Punischen Krieg brachte ihm den Spitznamen Cunctator („Zauderer“) ein.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593