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Theater 453
Balde, Iocus serius
theatralis
Überlieferung
Anlass
E syntaxi minore – Georg Waidman
Tametsi non leporem, nec damam nec cervum ullum veneris : merito tamen vocaris WAID-
MAN. Quid ergo capis ? Librum.
Aus der unteren Syntax-Klasse – Georg Waidman
Auch wenn du weder einen Hasen noch eine Gämse noch einen Hirschen jagst, so heißt
du dennoch zu Recht WAIDMAN. Was also erjagst du ? Ein Buch.
Von erheblichem Interesse für das Jesuitentheater überhaupt ist ein Stück von Jakob
Balde (vgl. hier S. 397–398), dem vielleicht größten nlat. Dichter deutscher Na-
tion. Der in erster Linie wegen seiner Lyrik berühmte Balde schuf auch dramatische
Werke, denen gerade in jüngster Vergangenheit wieder verstärktes Interesse entge-
gengebracht wurde (vgl. Stroh 2004 mit weiterer Literatur). Neben einer Reihe von
Arbeiten mit dramatischen Elementen sind uns zwei regelrechte Bühnendramen
aus der Feder Baldes überliefert. Zum einen handelt es sich hierbei um die in In-
golstadt 1637 erstmals aufgeführte und 1654 für den Druck überarbeitete Jephtias,
sein dramatisches Hauptwerk ; zum anderen um das in Innsbruck 1629 gespielte
Frühwerk Iocus serius theatralis („Ein ernster Scherz auf der Bühne“).15 Nachdem
Balde im Herbst 1626 am Münchner Gymnasium seine Karriere als Lehrer begon-
nen hatte, unterrichtete er 1628–1630 die Rhetorikklasse in Innsbruck. Mit dem
Iocus schuf er hier eine der seltenen Komödien des Jesuitentheaters.
Das Stück war lange Zeit nur durch eine auszugsweise von Westermayer 1868
mitgeteilte deutsche Perioche bekannt. Erst Valentin 1972a machte den Spieltext
durch die Publikation einer in der Österreichischen Nationalbibliothek befindli-
chen Hs. bekannt, der überdies noch eine (von der deutschen teilweise stark ab-
weichende) lat. Perioche beigebunden war. Allerdings haben wir, wie der Vergleich
mit den beiden Periochen zeigt, in dieser Hs. wohl kaum den ursprünglichen Text
vor uns. Einige fehlende Szenen und sonstige, den Handlungsablauf nicht weiter
störende Lücken lassen an eine für eine spätere Aufführung gekürzte Bearbeitung
denken.
Anlass der Aufführung von 1629 war die Taufe der Erzherzogin Clara Isabella,
des dritten Sprösslings des regierenden Tiroler Fürstenpaares Leopold und Claudia.
Ein Bezug dazu ist wohl dadurch gegeben, dass eine Taufe und der damit verbun-
dene Triumph des Christentums auch den krönenden Abschluss des Stücks bilden.
Die betreffende Szene mit dem heidnischen Schauspieler Genesius, der sich zum
Scherz taufen lässt und daraufhin tatsächlich bekehrt wird, ist zudem als einzige der
15 Valentin, Nr. 1191 und Nr. 1035. Eine (mangelhafte) Edition des Iocus bietet Valentin 1972a ; zur
Interpretation vgl. Valentin 2001, 552–555 ; Stroh 2004, 253–264.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593