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Geschichtsschreibung 491
Schrenck von
Notzing, Historia
ordinis
Das erste zu besprechende Werk bildet insofern eine Ausnahme, als es, wiewohl
eine Ordensgeschichte, nicht von einem Ordensangehörigen, sondern von einem Ge-
lehrten bei Hof verfasst wurde. Der Autor, Jakob Schrenck von Notzing, hatte sich
schon unter Ferdinand II. einen Namen als Geschichtsschreiber gemacht (vgl. Hirn
1885–1888, Bd. 1, 349–353 ; Lhotsky 1962, 95–96 ; s. hier S. 328). Im Jahr 1606
beauftragte ihn dessen Nachfolger als LandesfĂĽrst, Maximilian der Deutschmeister,
eine monumentale Geschichte des Deutschen Ordens zu verfassen, welche von der
Vorgeschichte des ersten Kreuzzuges bis zur Wahl Maximilians zum Hochmeister
reichen sollte. Die Historia ordinis equestris hospitalis Sanctae Mariae Theutonicorum
in Hierusalem („Geschichte des Ritterordens vom deutschen Hospiz der Hl. Maria
in Jerusalem“) ist in einer sorgfältig geschriebenen Prachthandschrift von 967 Blät-
tern erhalten (Stuttgart, WĂĽrttembergische Landesbibliothek, HB V 77 ; mehrere Ab-
schriften befinden sich im Wiener Zentralarchiv des Deutschen Ordens). Während
sich am Anfang des Textes viele aufwendige Farbzeichnungen finden, sind später die
meisten der für Porträts und Wappen frei gelassenen Räume leer geblieben.
Nach einem an den Leser gerichteten Hexametergedicht (Bl. 7r–8v) beginnt das Werk mit
einer allegorischen Einleitung (Bl. 9r–18r), in der zuerst mithilfe von Bibelzitaten für die
Waffen der christlichen Soldaten eine geistliche Entsprechung gefunden wird (so lässt
Schrenck beispielsweise den Glauben dem Schild entsprechen, die Gerechtigkeit dem Pan-
zerhemd, die Reinheit dem Pfeil) und dann sechs GrĂĽnde, die Waffen zu gebrauchen,
ebenfalls mithilfe von Bibelzitaten erläutert werden. Nach einer kurzen Darstellung der
zwei anderen, berĂĽhmteren geistlichen Ritterorden, der Johanniter und der Templer (Bl.
19r–25v), beginnt Schrenck seine Geschichte mit einem Überblick über die Vorkomm-
nisse im Heiligen Land von den Zeiten Jesu bis ins 11. Jh. (Bl. 26r–33v). Hieran schließt
sich die Geschichte der Kreuzzüge und des Jerusalemer Königreichs bis zur Gründung des
Deutschen Ordens an (Bl. 33v–156r). Im Folgenden steht der Orden im Mittelpunkt der
Darstellung : seine Taten im Heiligen Land bis zur Zerstörung von Akkon und zur end-
gĂĽltigen Vertreibung der Franken durch die Mameluken, sein zunehmendes Engagement
in PreuĂźen sowie die Taten des bald mit ihm vereinigten SchwertbrĂĽderordens in Livland.
Nach einer Beschreibung der Ordensländer an der Ostsee, die auch deren Frühgeschichte
und eine Kulturgeschichte der alten PreuĂźen beinhaltet, setzt Schrenck die Ordensge-
schichte fort, gegliedert nach der Amtszeit der jeweiligen Hochmeister bis zum Abfall des
1511 zum Hochmeister gewählten Markgrafen Albrecht von Brandenburg und dem Ver-
lust Preußens für den Orden (Bl. 156v–715r). Nach einem kurzen Zwischenstück, der den
Verlust Livlands an die polnische Krone behandelt (Bl. 715r–751v), beginnt der letzte Teil
des Werks, in dem das weitere Schicksal des Ordens dargestellt wird und der mit der Wahl
Maximilians (Bl. 752r–967r) schließt, welcher aus Bescheidenheit darauf verzichtete, seine
eigenen Taten darstellen zu lassen, und diese Aufgabe späteren Historiographen überließ.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593