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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
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530 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Prädestination Boroi, Leben und Werk schiedliche Größe der Hostie des Priesters und der Laien sei ein bloßes Akzidens (Kap. 20, S.  95). Dass man in der Messe dennoch mit großen und kleinen Hos- tien operiert, erklärt Milensio so, wie es der tatsächlichen historischen Entwicklung in der lat. Kirche seit dem 9. Jh. entspricht, die vom ursprünglichen, das Wesen der Eucharistie besser zum Ausdruck bringenden Usus, ein Brot zu brechen, aus praktischen Gründen Abstand nahm und zur Herstellung kleiner Hostien überging (Kap. 19, S.  89–91 ; vgl. LThK 5, 289). Am Altar werde der Akt des Brotbrechens angedeutet, und dies könne mit einer größeren Hostie besser dargestellt werden. Weiters könne eine solche dem Volk auch besser durch Erheben gezeigt werden und sei leichter zu handhaben, wohingegen sich eine kleine, dünne Hostie besser ein- nehmen lasse. Schließlich würden beim Brechen großer Hostien für alle auch viele Krümel verloren gehen, was eine Sünde wäre (Kap. 20, S.  97–100). Unter zahlrei- chen weiteren Argumenten, die für die Kleinheit der Laienhostie angeführt werden (Kap. 19, S.  92–93), sei nur noch die Ansicht erwähnt, die Kleinheit weise auf die Kostbarkeit der Hostie hin, da alles Kostbare nur in kleinen Mengen vorkomme. Eine Absage erteilt Milensio schließlich der an sich nahe liegenden Vorstellung, die verschiedene Größe der Hostien könnte die unterschiedliche Würde symbolisieren, die dem Empfänger in seiner Eigenschaft als Priester bzw. Laie zukomme : Es sei vielmehr sogar denkbar, dass ein Laie die kleine Hostie würdiger empfange als ein Priester die große. Worauf es ankomme, sei nur, ut quanta potes dignitate accedas, ut sumas, non ut praesumas (Kap. 22, S.  111 ; „dass du mit größtmöglicher Würdigkeit [sc. zu ihrem Empfang] schreitest, sie annimmst, nicht dir anmaßt“). Ein weiteres theologisches Problem, das im Zeitalter der Konfessionalisierung intensiv diskutiert wurde, betraf die göttliche Prädestination. Luther und Calvin vertraten die Auffassung einer „doppelten Prädestination“, d.h. einer Zurüstung des Einzelnen zu definitivem Verderben oder definitivem Heil (LThK 2, 900–904), während auf katholischer Seite die in Röm 11,23–24 festgeschriebene Zuversicht dominant blieb, Gott werde am Ende die Umkehr der Verstockten bewirken. Das Tridentinum verwarf demgemäß die doppelte Prädestination und betonte den Heilsplan Gottes, der sich im Zusammenwirken von göttlicher Gnade und freiem Willen des Menschen erfülle (LThK 8, 467 und 471). Diesen Ansatz vertritt auch ein bislang kaum erforschtes Werk (knapp Pecher 2007, 59–60), das 1607 in Venedig, 1612 in zweiter, erweiterter Auflage in Verona erschien :3 die drei Bücher De divina civium civitatis Dei praedestinatione („Über die von Gott verfügte Vorbestimmung der Bürger des Gottesstaates“) von Lodovico Boroi (vgl. Abb. 83). Boroi, geboren in Gavazzo bei Riva, trat in der venezianischen Provinz in den Franziskanerorden ein und war nach eigener Angabe im Vorwort des 3 Dem Folgenden liegt diese zweite Auflage zugrunde.
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
TYROLIS LATINA
Subtitle
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Volume
1
Authors
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Editor
Karlheinz Töchterle
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
602
Keywords
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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