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540 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Polemik auf
hohem Niveau
persönliche
Polemik
Sachargumente Geheim dokumente, der berüchtigten Monita secreta („Geheime Anweisungen“) und eines
dem spanischen Jesuiten Juan de Mariana zugeschriebenen Buches. Kap. 8 (S. 119–132)
widmet sich dem Unterricht der Jesuiten, Kap. 9 (S. 132–167) bestreitet, dass sie ein luxu-
riöses, lasterhaftes Leben führen. In Kap. 10 (S. 167–209) wird der Vorwurf widerlegt, sie
wollten zugleich Gott und der Welt dienen. Kap. 11 (S. 209–247) listet vermischte Argu-
mentationsfehler, Lügen und sprachliche Fehler Schoppes auf. Kap. 12 (S. 247–258) ver-
sucht zu erweisen, dass Schoppe sich vielfach selbst widerspricht. Der Epilog (S. 259–266)
konzediert nochmals Fehler einiger weniger Jesuiten, beharrt aber darauf, dass deswegen
die Gesellschaft als Ganzes nicht zu verurteilen sei.
Wie immer man den Streit zwischen Schoppe und den Jesuiten moralisch beurtei-
len mag – Forers Schrift ist auf alle Fälle ein gutes Beispiel für das hohe Niveau, das
die religiöse Polemik seit Beginn der Reformation in technischer Hinsicht erreicht
hat. Das beginnt bereits bei dem ĂĽbersichtlichen Druckbild, das den Leser durch
Marginalien vororientiert und es ihm ermöglicht, auf den ersten Blick zwischen
normal gesetztem Haupttext und kursiven Zitaten zu unterscheiden. Letztere stam-
men von Schoppe selbst, aus der Bibel, den Kirchenvätern und anderen religiösen
Autoritäten, umfassen aber auch Briefe und Urkunden und sind durch die An-
gabe von Kapitel-, Vers- und Seitenzahlen jeweils leicht auffindbar. Die eigentliche
Polemik kombiniert persönliche Angriffe und Beschimpfungen mit einer Vielzahl
sachlicher Argumentationsmuster, sodass sowohl weniger feinsinnige GemĂĽter als
auch gebildete Leser auf ihre Kosten kommen.
Was Ersteres betrifft, hält Forer sich mit ganz kruden Beschimpfungen eher zu-
rück. Den Ton, den er gewöhnlich anschlägt, kann etwa der Beginn von Kap. 1
illustrieren, wo er Schoppe einen auctor infamis […] et criminatricis satyrae (S. 1 ;
„Autor einer schmählichen […] und verleumderischen Satire“) nennt. Gerne greift
er zum Stilmittel der Ironie, so z.B., wenn er angebliche Barbarismen Schoppes
mit elegantissime scilicet (S. 237 ; „natürlich höchst elegant“) kommentiert oder eine
Stilblüte als lectissimam phrasin (S. 238 ; „höchst exquisite Redewendung“) bezeich-
net. Besonders raffiniert ist schlieĂźlich die Camouflage der Polemik als christliche
Nächstenliebe. So bittet Forer Gott abschließend nicht etwa um Schoppes Bestra-
fung, sondern vielmehr darum, ut […] pro tot malis, quae Societati inferre maximis
conatibus nititur, animam illius integro oceano coelestium divitiarum inundet et locu-
pletet tantorumque scelerum poenitentia donet (S. 260 ; „er möge […] für die so zahl-
reichen Übel, die er der Gesellschaft mit größter Anstrengung zuzufügen versucht,
seine Seele mit dem gesamten Ozean des himmlischen Reichtums ĂĽberschwemmen
und bereichern und ihn mit Reue über seine gewaltigen Frevel beschenken“).
Auf der eigentlich argumentativen Ebene hat Forer eine Vorliebe fĂĽr Billigkeits-
argumente, die auf die menschliche Schwäche i.A. rekurrieren, und weist seinem
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593