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Medizin 581
ärztliche
Gebrauchs-
literatur
Kranken-
geschichte
Erzherzog
Leopolds
jedoch bekannt, dass Leopolds Interessen breit gefächert und gerade im naturwis-
senschaftlichen Bereich stark entwickelt waren, sodass er mit den Angaben sicher
etwas anfangen konnte. Vermutlich verwendete Colombo die AbkĂĽrzungen aber
auch mit Blick auf andere Ă„rzte des Kaisers, die wohl das eigentliche Publikum sei-
ner Schrift waren und seine Methode bei der Behandlung der Nachkommenschaft
des Kaiserpaares ĂĽbernehmen sollten.
Zur ärztlichen Gebrauchsliteratur gehören Aufzeichnungen von Krankenge-
schichten und Behandlungsvorschlägen. Sie wurden v.a. für den eigenen praktischen
Bedarf verfasst, sowohl volkssprachlich als auch lat., wurden aber oft auch an Kol-
legen verschickt, wenn eine interessante Krankheit behandelt oder eine neue Thera-
pie ausprobiert wurde. Leider haben sich solche Werke nur selten erhalten. Von den
Sammlungen derartiger Aufzeichnungen, die wohl viele Ă„rzte angelegt haben, sind
aus Tirol einige nur mehr aus zweiter Hand bekannt. Unter den heute verschol-
lenen Werken finden sich etwa die vier Foliobände von Hippolytus Guarinonius’
Consilia medica ad personas illustres data cum variis morborum curis („Medizinische
Ratschläge, erteilt an hochstehende Personen, mit verschiedenen Behandlungen der
Krankheiten“ ; s. Kemter, Vita Guarinonii [hier S. 779], 7) und das medizinische
Tagebuch des Trientner Arztes Nicolaus Bevilacqua aus den Jahren 1662–1667,
eine sechshundertseitige Foliohandschrift, in welcher er in einem rohen Lat. Tag
fĂĽr Tag seine Visiten und die den Patienten vorgeschriebenen Heilmittel verzeich-
nete (Tovazzi, Nr. 911 ; Morizzo 1889, 62). Mitunter konnten derartige Schriften
jedoch auch einen hochoffiziellen Charakter bekommen (was entscheidend dafĂĽr
war, dass sie sich in den Archiven erhalten haben) : So war es fĂĽr den Kaiser von
höchster Bedeutung, rechtzeitig über den Gesundheitszustand der Mitglieder des
österreichischen Erzhauses informiert zu sein, und daher wurden ihm im Falle ihrer
Erkrankung oft Berichte und Prognosen zugesandt.
In einer aus der Ambraser Bibliothek stammenden Hs. (Ă–NB, Cod. 1156) ist
als zeitgenössische Abschrift eine Dokumentation der Erkrankung Erzherzog Le-
opolds erhalten, welche diesen im Herbst des Jahres 1622 während eines Aufent-
halts in den Vorlanden befallen hatte. Die ausführliche Historia morbi („Kranken-
geschichte“ ; Bl. 1r–11r) dokumentiert Tag für Tag den Verlauf der Krankheit, alle
Symptome und die angewandten oder – weil sich Leopold weigerte, dem ärztlichen
Rat zu folgen – nicht angewandten Therapien, z.T. auch Überlegungen der Ärzte
zur Auswahl von Medikamenten. Das Werk ist in schlichtem und sachlichem Ton
gehalten. Als Verfasser der Historia morbi werden vier den Erzherzog behandelnde
Ă„rzte genannt : Den Anfang machte Johannes Remus Quietanus. Dieser hatte zu-
vor schon Erzherzog Maximilian III. als Leibarzt gedient. Quietanus war, wie viele
in fürstlichen Diensten stehende Ärzte seiner Zeit, Anhänger eines gemäßigten,
mit der Lehre Galens in Einklang gebrachten Paracelsismus. So finden sich unter
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593