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742 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
institutionelle
Strukturen
Voraussetzungen Die Reichsreformen im Geiste der Aufklärung führten u.a. zur Institutionalisie-
rung des Fachs Geschichte an der Innsbrucker Universität. 1733 übernahm Paul
Josef Riegger (vgl. hier S. 752–753) mit der neugeschaffenen juristischen Lehr-
kanzel für Natur- und öffentliches Recht auch das Fach Reichsgeschichte ; ein Jahr
später mussten auch die Jesuiten an der philosophischen Fakultät damit begin-
nen, allgemeine Geschichte zu unterrichten, allerdings nicht als Pflichtfach. In Tri-
ent bemĂĽhte sich, wenn auch vergeblich, der Generalvikar Pantaleone Borzi (reg.
1738–1748 ; vgl. hier S. 1145), der sich auch selbst als Geschichtsschreiber betä-
tigte, um die Institutionalisierung eines Geschichtsstudiums. Im Rahmen einer Re-
form des Priesterseminars wollte er ein Zentrum fĂĽr historische Studien einrichten,
das bedeutende Forscher für die Arbeit an einer ausführlichen Diözesangeschichte
vereinen sollte (Donati 1975, 33–34). Die wichtigsten Zentren historischer For-
schung waren jedoch nicht die Lehranstalten, sondern die Akademien, besonders
die Innsbrucker Academia Taxiana. Hier trafen sich gleichgesinnte Gelehrte und
präsentierten einander die Ergebnisse ihrer Forschungen. Darüber hinaus standen
die Historiker in einem dichten ĂĽberregionalen Netz von Korrespondenten, tausch-
ten sich in Briefen ĂĽber ihre Ansichten aus und versorgten einander mit Abschriften
von Urkunden, Hs. und Inschriften.
Die geistigen Voraussetzungen fĂĽr dieses AufblĂĽhen der historischen Studien
und fĂĽr ihre methodische und inhaltliche Neuorientierung bildeten allgemeine
Entwicklungen innerhalb der Geschichtswissenschaft in den katholischen Gebie-
ten in der zweiten Hälfte des 17. Jhs. und im frühen 18. Jh. Vereinfacht gesagt,
hatte hier die protestantische Kritik an Wunderglauben und Heiligenkult eine
Kettenreaktion ausgelöst, in deren Folge die historische Methodik immer wei-
ter verfeinert wurde. Die als Bollandisten bekannten jesuitischen Forscher woll-
ten der protestantischen Kritik mit ihren Acta Sanctorum den Boden entziehen
und den Heiligenkult dadurch retten, dass sie eine kritische Untersuchung der
Quellen und der Ăśberlieferung betrieben, auf deren Basis sie zweifelsfrei belegte
Wunder aus späteren märchenhaften Übertreibungen herausschälten (vgl. Sawilla
2009). In Reaktion darauf sammelten die Mauriner – eine benediktinische Kon-
gregation des Hl. Maurus, die den Status der Heiligen ihres Benediktinerordens
durch den Übereifer der Bollandisten gefährdet sah – aus Angst vor einer unge-
rechtfertigten Desakration systematisch die Ăśberlieferung ihres Ordens und ent-
wickelten dabei die Methodik im Umgang mit Quellen weiter. Aus ihren BemĂĽ-
hungen entwickelten sich Paläographie und Diplomatik, aus der Arbeit an den
Kirchenvätern bald auch die ersten Ansätze einer wissenschaftlichen Archäologie
und Altertumskunde. Es folgten europaweit mehrere Unternehmungen mit dem
Ziel, historische Quellen systematisch zu erschlieĂźen und zu edieren, etwa die der
österreichischen Benediktiner Gebrüder Pez (vgl. Heilingsetzer 1993) oder die
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322