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780 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
eine aufklärerische
Vita ?
klösterliche
Todesanzeigen Weinhart war Anichs langjähriger Lehrer und unterstützte dessen Arbeit an seinen
Kartenwerken in maĂźgeblicher Weise. Die Relatio, die er Ende August 1766 nie-
derschrieb, musste er nur wenige Tage nach ihrem Abschluss mit einem Nachtrag
versehen, da Anich am 1. September verstarb. Die undatierte Vita entstand kurze
Zeit später. Sie übernimmt im Wesentlichen den Text der Relatio, schildert aber
Anichs Leben und Wirken durchgehend in der Vergangenheitsform und fĂĽgt einige
Abschnitte hinzu. Auf diese zweite Fassung Weinharts stĂĽtzte sich Hell fĂĽr sein Elo-
gium in erster Linie. Zwei Jahre später, 1768, kam eine zweite Auflage des Elogium
in Innsbruck heraus, die nun aller Wahrscheinlichkeit nach wieder von Weinhart
besorgt worden war (Ăśbersetzung mit ausfĂĽhrlicher Einleitung : BĂĽchner 1976).
In ihr sind einige Eingriffe Hells rückgängig gemacht und die zweite der gleich zu
nennenden Appendizes hinzugefĂĽgt.
Im Vorwort des Elogium von 1768 (3–5) wird Anich zunächst einem ähnlich begabten
lutherischen Bauern gegenĂĽbergestellt, dessen Beispiel fĂĽr antikatholische Propaganda ver-
wendet wurde. Anich ist ihm sowohl durch seinen rechten Glauben und seine Tugend als
auch an Geistesgaben weit überlegen. Die Biographie selbst beginnt mit der bäuerlichen
Herkunft Anichs (6–7). Breiten Raum nimmt dann sein beruflicher Werdegang ein, an-
gefangen mit seiner Unterweisung durch Weinhart. Der geschickte Handwerker fertigt
in der Folge verschiedene Globen und Instrumente an (7–11). Weinhart gelingt es, das
Gubernium fĂĽr die Kartographierung Nordtirols zu interessieren und Anich die Aufgabe
zu übertragen ; dieser hat schon durch seine Mitarbeit an Josef von Sperges’ Kartierung von
Südtirol einschlägige Erfahrung sammeln können und hat zudem ein neuartiges Vermes-
sungsinstrument konstruiert (11–17). Anich ruiniert jedoch in den langen Arbeitsphasen
in teilweise ungesunden Gegenden seine Gesundheit und stirbt im Alter von nur 43 Jahren
(17–20). Den Schluss der Vita bilden eine Beschreibung von Anichs Gestalt (21–22) und
eine Würdigung seiner Tugenden und Geistesgaben (22–29) sowie zwei Anhänge, einer
über sein Vermessungsinstrument (29–34) und einer über die Fortsetzung der Kartierung
durch Blasius Hueber, der ebenfalls aus Oberperfuss stammte und auch bäuerlicher Her-
kunft war (35–38).
Lässt sich das Elogium als aufklärerisches Dokument verstehen, das für eine bes-
sere Bildung der Bevölkerung eintritt ? Das kann man nur sehr bedingt behaupten :
Zwar zeigt das Beispiel Peter Anichs einerseits, dass Intelligenz und die Bereitschaft,
sich für hohe Ziele einzusetzen, auch unter den niederen Ständen vorkommen,
doch andererseits wird immer wieder betont, dass es sich bei ihm um einen ganz
außergewöhnlichen, ans Wunderbare grenzenden Fall handelt.
Im Barock war es nicht unüblich, dass ein Kloster beim Tod eines Mönches eine
biographisch erweiterte Todesanzeige in Form eines Einblattdruckes versandte, vor-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322