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824 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Rationalismus
Planch,
Magia diabolica
Moraltheologie lichkeit – gegen Staidels These sprechen (§Â
3, S.Â
8–12). Als nächstes werden Zeugnisse der
Kirchenväter (§Â
4, S.Â
12–19) und solche aus den Märtyrerakten (§Â
5, S.Â
19–20) angeführt,
danach kirchliche Einrichtungen und Bräuche wie z.B. der Einsatz von Weihwasser gegen
Magie genannt, die deren Existenz voraussetzen (§ 6, S. 21–29). Im folgenden Paragra-
phen (§ 7, S. 30–40) kommt Staidel nochmals auf die Kirchenväter zurück und interpre-
tiert scheinbar seiner These widersprechende Aussagen so lange, bis sie das nicht mehr tun.
Zum Schluss (§Â
8, S.Â
41–46) widerlegt er philosophische Argumente gegen die Magie.
Staidels Arbeit empfiehlt sich trotz ihrer aus heutiger Sicht verfehlten These durch
ZurĂĽckhaltung in der Polemik, Verarbeitung einer FĂĽlle von Quellen vom AT bis
hin zu päpstlichen Brevia neueren Datums, kluge Exegese und differenzierte histo-
rische Kritik (vgl. etwa S. 13–19 zu den antiken Berichten über Simon Magus, wo
Staidel sich auf S.Â
15 nicht umsonst auf die Mauriner beruft). In der Interpretation
der Bibel und der kirchlichen Tradition kreuzt er die Klingen mit Maffei als gleich-
wertigem Gegner. Im Ăśbrigen konzediert er gerne, dass es sich bei vielen magischen
Akten um Blendwerk handelt und Berichte über magische Vorfälle sich oft als Ver-
leumdungen oder Hirngespinste herausstellen, ist aber nicht bereit, aus beidem
abzuleiten, was daraus logisch auch nicht folgt : dass Magie schlechthin nicht exis-
tiert. Maffei dagegen erliegt in seinen Augen genau dieser Art von TrugschlĂĽssen :
Quocirca hallucinantur adversarii probantes nullam modo magiam extare, quia veteres
eam definiere esse fallaciam. (S. 44 ; „Deshalb irren meine Gegner, wenn sie aus
der Tatsache, dass die Alten die Magie als Täuschung bestimmt haben, schließen,
es gebe überhaupt keine.“) Seine Argumentation laute : Multa falsa comperta sunt.
Ergo omnia sunt falsa. (S. 45 ; „Vieles hat sich als falsch herausgestellt. Also ist alles
falsch.“) Weshalb Gott nach wie vor etwas so Widersinniges wie Magie in der Welt
duldet, weiĂź freilich auch Staidel nicht zu sagen. Doch in diesem Punkt erlaubt es
ihm sein Glaube, sich auf die UnergrĂĽndlichkeit von Gottes Willen zurĂĽckzuziehen
(v.a. S. 41–42).
Das Thema Magie war auch zwei Jahrzehnte später noch aktuell. Es wird mit
ähnlicher Grundtendenz wie von Staidel in einer Schrift behandelt, die 1767 im
Innsbrucker Servitenkloster disputiert und im selben Jahr in Innsbruck gedruckt
wurde. Beim Vorsitzenden und Autor der Dissertatio critico-scripturistica de ma-
gia diabolica et magorum prodigiis Exod. 7. coram Pharaone patratis („Auf kritischer
Schriftlektüre beruhende Erörterung über die teuflische Magie und die laut Ex 7
vor dem Pharao vollführten Wundertaten der Magier“) handelt es sich um den
Innsbrucker Alexius Maria Planch OSM (1725–1774), der in seinem Orden als
Lektor tätig war (Tovazzi, Nr. 690 ; Gasser 3, 85–86).
Im Rahmen der erwähnten Verschiebungen im Verhältnis zwischen den theo-
logischen Unterdisziplinen begann um die Mitte des 18. Jhs. auch die Moraltheo-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322