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890 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Franzoni,
Disquisitio
inauguralis AnschlieĂźend zerpflĂĽckt Banniza ihre Argu-
mente eines nach dem anderen. Analog ver-
fährt er danach mit den Befürwortern : Bei-
spielsweise seien die gesetzliche Grundlage
in der Carolina und der alte Brauch keine
ausreichende Rechtfertigung fĂĽr die An-
wendung der Folter, wenn diese sachlicher
Kritik nicht standhalte (§ 43). Nach diesem
sozusagen negativen Teil legt Banniza seine
eigene Meinung dar (§§ 45–75) : Die Folter
mĂĽsse ihren Platz im Strafprozess behal-
ten, da Zeugenaussagen alleine eine Tat oft
sehr wahrscheinlich machten, aber zu einer
Verurteilung nicht ausreichten (§§ 45–50).
Diese Ansicht wird durch eine detaillierte
Aufzählung einschlägiger Sach- und Beweis-
lagen untermauert (§§ 51–64). Das einzige
Delikt, das aufgrund seiner Natur die An-
wendung der Folter von vornherein rechtfer-
tige, sei Hochverrat (§ 64).3 Zugleich müss-
ten Anordnung, Vollzug und Auswertung
der erzielten Aussagen strikt reglementiert werden, was in Theorie und gerichtlicher Praxis
leider nicht immer der Fall sei (§§ 65–74). Bannizas kurzes Resümee (§ 75) schließt mit
der Maxime : Tollatur abusus, maneat usus. („Beseitigt werde der Missbrauch, beibehalten
der Brauch.“)
Dass die Diskussion um die Folter schon vor Bannizas Beitrag ein Thema war,
das auch die Studenten interessierte, zeigt die Disquisitio inauguralis de torturae
repetitione („Inauguralerörterung über die Wiederholung der Folter“ ; Innsbruck
1769 ; vgl. Abb. 143) des Joseph Anton Franzoni (1744–1825). Franzoni stammte
aus einer adeligen Görzer Familie und studierte gemeinsam mit seinem Bruder
Andreas in Innsbruck Rechtswissenschaften (Oberkofler 1974, Nr. 640). Seine
kleine Schrift fragt nach der Rechtmäßigkeit der Wiederholung der Folter in sol-
chen Fällen, in denen der Beschuldigte unter der Folter gesteht, danach jedoch sein
3 In diesem Punkt trifft sich Banniza mit Joseph von Sonnenfels (1732–1817), der ansonsten ein
entschiedener Gegner der Folter war und an ihrer Abschaffung in Ă–sterreich entscheidenden Anteil
hatte.
Abb. 143: Titelblatt von Joseph Anton
Franzonis Disquisitio inauguralis de torturae
repetitione, Innsbruck 1769.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322