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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
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Rechtswissenschaft 899 Josef Biner das Gesetz des AT betrifft, so hätten Moses und die Propheten, denen als praecones („Herolde“) seine Verbreitung oblag, lediglich vermittelnde, nicht rechtsbegrün- dende Funktion gehabt. Das NT beruhe in erster Linie auf Glaube, Liebe und Hoff- nung. In ihm seien die im AT stärker akzentuierten kultischen und zivilrechtlichen Aspekte gegenüber dem ethischen von untergeordneter Bedeutung ; Gesetze im alttestamentarischen Sinne kämen überhaupt nicht mehr vor, weil Christus keinen weltlichen Staat, sondern eine Kirche begründet habe. Das Recht, nach Maßgabe der Notwendigkeit des weltlichen Regiments derartige Gesetze zu erlassen, habe er seinen Stellvertretern übertragen. Deren Verfügungen, d.h. das Kirchenrecht, gehörten daher nicht im strengen Sinne zum göttlichen Recht und seien nicht in derselben Weise bindend wie dieses. Dieser Vergleich zwischen dem Gesetzesbegriff des AT und des NT zeugt von einem treffenden Verständnis der Botschaft Christi, in welcher das Gesetz in der Tat nicht im Vordergrund steht (LThK 4, 584–586). Praktische Konsequenzen hat er u.a. im Zusammenhang mit der Erteilung von Dispensen. Söll fordert einen möglichst sparsamen Umgang mit diesem Mittel, welches streng genommen keinem Menschen zustehe. Die allein zuständige Instanz sei die Kirche, in welcher der Papst den absoluten Primat besitze. Nur dieser dürfe daher Dispense erteilen, doch auch er nicht aufgrund eines Rechtes, sondern nur ei- nes Privilegs. Dies liege daran, dass die Vollmachten Petri auf aedificatio („Aufbau“) zielten, während eine Dispensvollmacht destructio („Zerstörung“) bedeuten würde ; außerdem brächte sie die Einheit der Kirche in Gefahr. Notwendige Ausnahmen beruhten auf wissenschaftlicher Interpretation der positivrechtlichen Vorgaben des Gesetzes der Gnade, das dadurch weder aufgeweicht noch gar gebrochen werde. Man dürfe aus ihnen nicht auf das Bestehen eines entsprechenden Rechts schlie- ßen. Bei göttlichen Weisungen gebe es keine Deutung per modum epiikiae („nach Billigkeitserwägungen“) und keine emendatio legis („Nachbesserung des Gesetzes“), sondern nur eine interpretatio doctrinalis („Deutung im Sinne der Lehre“). 1744 übernahm Josef Biner SJ (1697–1766 ; BBKL 1, 596) die Lehrkanzel für Kirchenrecht, die er für jesuitische Verhältnisse sehr lange, nämlich bis 1759, versah. Zuvor hatte er u.a. in Rottenburg, Freiburg i.B. und Dillingen gelehrt, danach war er Rektor in Freiburg und Rottenburg. Sein Hauptwerk ist der achtbändige Apparatus eruditionis ad iurisprudentiam, praesertim ecclesiasticam („Bildungs-Rüstzeug für die Rechtswissenschaft, besonders für die kirchliche“), eine Konzilien- und Kirchenge- schichte unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Das wohl auf Vorlesungsmanuskripten beruhende Opus erschien zum ersten Mal 1747 in Freiburg i.B. und Augsburg ; es wurde viermal neu aufgelegt und zudem aus- zugsweise in einschlägige Sammelwerke aufgenommen (Carlen 1986). Biners Jahre in Innsbruck waren auch sonst produktiv : Zwischen 1744 und 1759 veröffentlichte er neben dem Apparatus sieben weitere Werke (Grass 1951, 163–164).
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
TYROLIS LATINA
Subtitle
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Volume
2
Authors
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Editor
Karlheinz Töchterle
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
728
Keywords
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
  2. Dichtung (Martin Korenjak) 620
  3. Theater (Stefan Tilg) 660
  4. Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
  5. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
  6. Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
  7. Brief (Wolfgang Kofler) 788
  8. Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
  9. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
  10. Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
  11. Medizin (Lukas Oberrauch) 862
  12. Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
  13. Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
  14. Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
  15. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
  16. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
  17. Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
  18. Brief (Wolfgang Kofler) 989
  19. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
  20. Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
  21. Medizin (Lav Šubarić) 1046
  22. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
  23. Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
  24. Dichtung (Stefan Tilg) 1079
  25. Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
  26. AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
  27. Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
  28. Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
  29. Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
  30. Index nominum (Johanna Luggin) 1271
  31. Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
  32. Index rerum (Johanna Luggin) 1310
  33. Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322
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