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Theologie 1011
Albertini,
De conscientia
dubia
Moral und
Dogmatik : Stapf
Theologia moralis
Der bereits genannte Giovanni Battista Albertini publizierte auch auf dem Ge-
biet der Moraltheologie : 1775 erschien in Innsbruck seine De conscientia dubia
dissertatio („Erörterung über Gewissenszweifel“). Das wie die Wunderschrift logisch
und klar argumentierende Werk vertritt inhaltlich einen gemäßigt aufklärerischen
Standpunkt. Zwar erteilt Albertini der radikalaufklärerischen Auffassung Christian
Wolffs (1679–1754), das Gewissen bestehe getrennt von der Seele, eine Absage
(§ 1), doch ersetzt er den jesuitischen Probabilismus durch den strengeren Proba-
biliorismus (vgl. hier S.Â
810 und 829). Konkret unterscheidet er dabei drei Formen
des Zweifels, die einem angesichts einer Handlungsoption kommen können : Ist die
betreffende Handlung vorgeschrieben oder erlaubt ? Ist sie verboten oder erlaubt ?
Ist sie vorgeschrieben oder verboten ? (§ 3). Im ersten Fall ist die Tat jedenfalls zu
setzen, im zweiten zu unterlassen, im dritten ist auf die Entscheidung vorläufig zu
verzichten (§ 15). Den Maximen einer aufgeklärten Gesellschaft entspricht es auch,
wenn er dazu aufruft, das öffentliche Wohl dem privaten überzuordnen (§ 4) und
grundsätzlich nicht mit Gemeinplätzen wie In dubio pro reo („Im Zweifel für den
Angeklagten“) zu operieren (§ 7).
Galt die Moral in der Aufklärung primär als praktische Disziplin, so verknüpfte
man sie im 19. Jh. wieder enger mit der Dogmatik. Eine Vorreiterrolle spielte hier-
bei Joseph Ambros Stapf (1785–1844) aus Fließ im Oberinntal. Der Weltpriester,
der nur in seiner Jugend fĂĽr einige Jahre Mitglied des Franziskanerordens war, stu-
dierte Theologie in Innsbruck, wo ihn Herkulan Oberrauch tief beeindruckte. 1821
erhielt er den dortigen Lehrstuhl fĂĽr Moral ; als man 1823 in Innsbruck nicht mehr
Theologie studieren konnte, wurde er ans Brixner Seminar berufen.9 Ăśberregionale
Bedeutung erlangte er als einer der Theologen, welche die Restauration der Moral-
theologie in Deutschland einleiteten (Kleber 1982, 13) ; sein Name fand auch in
internationale Standardwerke Eingang (HdK 6,1, 443–445).
Stapf publizierte wie viele seiner Zeitgenossen sowohl auf Deutsch als auch auf
Lat. (Gasser 4, 3–5 ; Hurter 5, 1379 ; Albs 1941, 24–25). Sein Hauptwerk ist die
vierbändige Theologia moralis in compendium redacta („Kurzgefasste Moraltheolo-
gie“ ; Innsbruck 1827–1831), die bis 1855 sieben Auflagen erlebte. Das aus Stapfs
Innsbrucker und Brixner Vorlesungen hervorgegangene Opus wurde gleich bei sei-
nem Erscheinen durch kaiserliches Dekret an allen österreichischen theologischen
Lehranstalten als Vorlesungsgrundlage vorgeschrieben ; auch im Ausland benutzte
man es. Einen zweibändigen Auszug, der ebenfalls mehrmals nachgedruckt wurde,
legte Stapf unter dem Titel Epitome theologiae moralis („Auszug aus der Moraltheo-
logie“ ; Innsbruck 1832) vor.
9 Albs 1941, 9–21 ; Mitterbacher 1962, 226–227 ; Brandl 1969, 129 ; Baur 1975, 26 ; Gelmi 2007,
164–165, 177.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322