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Philosophie und Naturwissenschaft 1043
âTiroler Schuleâ
unter dem Titel Von dem Urgrunde und letzten Zwecke aller Dinge 1839 in Regens-
burg. Görres steuerte eine gut vierzigseitige Einleitung bei, in der er eine Reihe von
Aspekten behandelt : Unter anderem ordnet er Lechleitner in eine Tiroler Tradition
des Philosophierens ein â dazu gleich mehr ; er versteht die Philosophia theoretica als
einen bewussten RĂŒckgriff angesichts der gegenwĂ€rtigen Verwirrung der Begriffe
und Ideen, kritisiert aber auch ihre fehlende Auseinandersetzung mit der zeitge-
nössischen deutschen Philosophie ; er gesteht dem Werk schlieĂlich einen eigenen
MaĂstab zu und verteidigt es wegen seiner gedanklichen Reife und seiner geschick-
ten didaktischen Vermittlung ; eben deshalb sei es eigentlich ein philosophisches
âVolksbuchâ (XXIV) fĂŒr das katholische Deutschland, von dessen Verbreitung in
Ăbersetzung eine verstĂ€rkte Zuwendung zur christlichen Philosophie und eine He-
bung der Frömmigkeit zu erwarten sei (XLIâXLII). Die erhoffte Breitenwirkung als
philosophisches âVolksbuchâ stellte sich zwar auch durch diese Ăbersetzung nicht
ein, doch immerhin fand sie in weiteren katholischen Kreisen Aufmerksamkeit und
in Tirol sogar ein Echo in der Tagespresse : Der amtliche Bothe von und fĂŒr Tirol und
Vorarlberg vom 11. November 1839 nahm die Publikation der Ăbersetzung zum
Anlass fĂŒr eine WĂŒrdigung von Görres und seiner Verdienste, wozu auch und ge-
rade die Bekanntmachung von Lechleitners Werk gehöre, âindem er einen beschei-
denen frommen Denker aus der ZurĂŒckgezogenheit unserer Thale freundlich zu
sich auf den Standpunkt seiner CelebritĂ€t empor zog, und dem groĂen Publikum
mit der wĂ€rmsten, nachdrĂŒcklichsten Empfehlung vorstellteâ (360 ; Fortsetzungen
364, 368, 372, 376 und 380).
Görres hat zwar den unmittelbaren Zweck, den er mit seiner Einleitung verfolgte,
nicht erreicht, aber nebenbei eine bleibende philosophiehistorische Ordnungsleis-
tung vollbracht : Durch die Zusammenstellung Lechleitners mit seinen Tiroler âVor-
lĂ€ufernâ, den Franziskanern Herkulan Oberrauch (1728â1808) und Philibert Gru-
ber (1761â1799), hat er nĂ€mlich â was bis heute nicht gewĂŒrdigt ist â das Konzept
einer âTiroler Schuleâ platonisch-christlicher Philosophie begrĂŒndet. TatsĂ€chlich
teilt Lechleitner mit den genannten Denkern wesentliche Grundannahmen, in der
Philosophia theoretica v.a. jene Grubers, in der Philosophia practica v.a. jene Ober-
rauchs. Grubers achtbĂ€ndiges Hauptwerk, Philosophie der Ă€ltesten fĂŒr denkende Phi-
losophen der neuesten Zeiten (NĂŒrnberg 1792â1798), entwickelt einen christlichen
Ontologismus und lĂ€sst schon im Titel die auch fĂŒr Lechleitner programmatische
Affirmation der guten âaltenâ Philosophie erkennen.13 Oberrauch argumentiert in
seiner Moraltheologie wie Lechleitner in der Philosophia practica fĂŒr eine vollstĂ€n-
dige Bezogenheit des Menschen auf Gott. Lechleitner verweist in seinem Werk zwar
nicht auf Oberrauch und Gruber, doch war er mit einiger Wahrscheinlichkeit mit
13 Vgl. NĂ€heres zu Gruber bei Waibel 1833 ; Wurzbach 5, 385 ; Werner 1866, 334â340 ; ADB 10, 5.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Ć ubariÄ
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der GrĂŒndung der UniversitĂ€t bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Ć ubariÄ) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Ć ubariÄ/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Ć ubariÄ) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂŒrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322