Page - 1066 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Image of the Page - 1066 -
Text of the Page - 1066 -
1066 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Staatskirchentum ;
Kanonistik an der
Universität
Joseph Johann
Pehem
Disquisitio de
consensu parentum quam multos divini supplicii metus a scelere revocet. (S. 91 ; „Wer wird aber leugnen,
dass dies [die Förderung der Religion] nützlich ist, wenn er begreift, wie viele Men-
schen die Angst vor göttlicher Strafe vom Verbrechen abhält.“) Und schließlich
macht der gelehrte Jurist auch vor der Sprache nicht halt, die er selbst noch meister-
haft handhabt, wenn er dafür plädiert, Gesetzbücher müssten in der Volkssprache
verfasst sein. Das Wichtigste an Gesetzen sei nämlich ihre allgemeine Verständ-
lichkeit : Non intellegentur autem ab omnibus, si Latine scriptae sint. (S. 45–46 ; „Sie
werden aber nicht von allen verstanden werden, wenn sie in Lat. verfasst sind.“)
Barbacovis eben erwähnte Einstellung zur Kirche bietet eine gute Überleitung
zum Kirchenrecht, stand dieses doch während der Aufklärung generell im Zeichen
des Staatskirchentums. Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche wurde im 18.
und 19. Jh. in seltener Intensität diskutiert (Feine 1972, 573–592), wobei in Öster-
reich der Josephinismus zunehmend „die Staatshoheit zur Kirchenhoheit“ (Feine
1972, 574) ausdehnte : Erstmals griff nun der Staat in Bereiche wie Besteuerung
des Klerus, kirchliche Jurisdiktion und Vermögensverwaltung ein. Nicht zuletzt
verschaffte sich die Obrigkeit auch die Kontrolle ĂĽber die akademische Lehre der
Theologie und der Kanonistik. Was diese betraf, hatte an der Universität Innsbruck
die Gesellschaft Jesu schon durch eine EntschlieĂźung vom 26. Juli 1749 erheblich
an Einfluss verloren (Probst 1869, 150–153), ab 1770 wurde die Lehrkanzel dann
ĂĽberhaupt mit Laien besetzt. Der erste von ihnen war Georg Lakicz, der jedoch nur
ein Jahr blieb (Probst 1869, 176).
Sein Nachfolger Joseph Johann Pehem (1740–1799) hatte in Konstanz, Wien
und Innsbruck studiert. Als Professor in Innsbruck leitete er seit 1775 nebenher
auch das dortige Adelige Kollegium. 1779 trat er in Wien die Nachfolge des Kir-
chenrechtsprofessors Franz Eybl an. Pehem war ein ĂĽberzeugter Vertreter der jose-
phinischen Kirchenpolitik und wurde als solcher sogar von Pius VI. exkommuni-
ziert, doch widersetzte sich Wien diesem Schritt (Grass 1951, 169–170 ; BBKL 7,
136–138).
Pehems einzige in Innsbruck entstandene Schrift ist die Disquisitio historico-
iuridica de consensu parentum in nuptiis filiorum filiarumque familias („Historisch-
juristische Erörterung über die Zustimmung der Eltern zur Heirat ihrer Söhne und
Töchter“ ; Innsbruck 1777). Es handelt sich um eine rund 300 Seiten umfassende,
stark historisch geprägte Gesamtdarstellung des Rechtes der Eltern, d.h. konkret
v.a. des Vaters, gegenĂĽber seinen Kindern, insbesondere bei deren Heirat. In sieben
Kapiteln wird die Sachlage im Naturrecht, im hebräischen, römischen, germani-
schen, im Kirchenrecht und im aktuellen Zivilrecht behandelt.
Im Vorwort entkräftet Pehem den möglichen Vorwurf, er ernte die Früchte fremder Ar-
beit : Jeder kenne die einschlägigen Meinungen der Gelehrten, eine Gesamtdarstellung sei
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322