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14 die ihre außenpolitischen Ziele nun auf kulturelle, insbesondere wissenschaft-
liche Belange ausdehnte und dazu die akademischen Eliten des eigenen Landes
wie auch jene des jeweiligen Austauschlandes engagierte. Die Historikerin Sterne
gehörte zweifellos zu jenen, die ihren Auslandsaufenthalt in Österreich als beinahe
rundum geglückt bewerteten. Nicht alle Grantees standen ihrem Gastauftritt so
positiv gegenüber, und nicht immer verhielten sich Wissenschaft und Diplomatie
in einem so ungetrübten Verhältnis. Reputation und Attraktivität des Programms
tat das keinen Abbruch.
Die Entstehungsgeschichte des Fulbright Program
Das Fulbright Program wurde mit der Unterzeichung des Gesetzesvorschlags
durch US-Präsident Harry Truman am 1.8. 1946 als Public Law 584, 79th Congress
(Fulbright Act) eingerichtet und war dem Austausch von WissenschaftlerInnen
und Studierenden zwischen den Vereinigten Staaten und verschiedenen anderen
Ländern gewidmet. Seine Entstehungsgeschichte ist ein Teil amerikanischer Nach-
kriegspolitik – und zugleich integraler Bestandteil jenes Narrativs, mit dem das
Programm bald weltweit Regierungen und Wissenschaftscommunitys schmack-
haft gemacht wurde.3
Der weltweite Einsatz US-amerikanischer Truppen während des Zweiten Welt-
kriegs hatte große Mengen von Kriegsmaterial in verschiedenste Länder gebracht.4
Wie mit diesen ungeheuren Werten beim Übergang von der Kriegs- zur Friedens-
wirtschaft umzugehen sei, war politisch umstritten. Ein Surplus Property Act hatte
zwar schon 1944 die Rückeinfuhr der Kriegsmaterialien in die USA verboten, um
damit den Binnenmarkt zu schützen. Eine Lagerung und Wartung der Materialien
im Ausland hätte jedoch nur Geld gekostet. Eine Veräußerung an die Länder, in
denen die Materialien lagerten, erschien ebenfalls unrealistisch: Durch den Krieg
herrschte am Weltmarkt eine ausgesprochene Dollar-Knappheit (Eichengreen 1996,
138), die durch die großen Kriegskredite an die Alliierten noch verstärkt wurde.
Unter den verschiedenen Fraktionen im amerikanischen Kongress und in der
Regierung fand daher eine fortlaufende Diskussion statt, wie mit den Gütern wei-
ter zu verfahren sei. So gab es Politiker, die für eine Aufhebung des Surplus Pro-
perty Act plädierten, um die Kriegsmaterialien an heimkehrende Veteranen unter
Wert verkaufen zu können. Diesen sollte damit der Wiedereinstieg ins zivile Leben
erleichtert werden; die Kongressabgeordneten hofften dafür in der Gunst der Wäh-
lerInnen zu stehen. In dieser Situation brachte der erst seit zwei Jahren in den Senat
gewählte Senator Fulbright eine Ergänzung (Amendment) zum Surplus Property
Act ein. Seine Idee: die Kriegsmaterialien in Fremdwährungskredite umzuwan-
deln, die zur Finanzierung von Vorhaben im Bereich des Kultur- und Erziehungs-
austausches dienen sollten.
Der 41-jährige Senator aus Arkansas war überzeugt, dass die gesteigerte Welt-
bedeutung der USA mit einem Zuwachs an Verantwortung ihrer Eliten verknüpft
war.5 Diese Position hatte er bereits während des Krieges auf der Gründungskonfe-
renz der UNESCO 1944 in London formuliert:
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117