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7. Schluss
In der vorliegenden Untersuchung haben wir kaum auf den globalen Kontext der
US-amerikanischen Kulturdiplomatie rekurriert. Vielmehr war eine kritische Ana-
lyse des Wissenschaftsbetriebs in Österreich intendiert. Die Aufpflanzung eines
Programms von außen irritierte autochthone Abläufe und Denkweisen. Die resul-
tierenden Konflikte erfuhren in schriftlichen Quellen Niederschlag und ermög-
lichten ihrerseits wieder eine Kontextualisierung des Fulbright Program – in einem
weitgehend nationalen Bezugsrahmen. Die Schwächen dieser analytischen Pers-
pektive liegen darin, dass sie amerikanische Interessen kaum hinterfragen kann
und die größere Geschichte – jene des Kalten Krieges – nicht einmal annähernd
würdigt. Sie sollten aufgewogen sein durch die Vorteile: einen neuen und detail-
reichen Blick auf die österreichische Wissenschaftslandschaft der frühen Zweiten
Republik zu werfen.
Wenn wir die in den vorangegangenen Kapiteln gewonnenen Einsichten
zusammenziehen, so gewinnen wir von der Wirkung des Fulbright Program in
Österreich ein ambivalentes Bild: Es half maßgeblich dabei, neue Formen wissen-
schaftlicher Praktiken im wissenschaftlichen Feld zu kultivieren; für ihre erfolgrei-
che Akkulturation fehlten dabei aber sowohl die Durchschlagskraft innerhalb des
wissenschaftlichen Feldes als auch die politische Unterstützung. Österreich, das
sich seiner wissenschaftlichen Traditionen rühmte, war Provinz geworden.
„I heard nothing but the best of Austria before my departure. Vienna, and
especially the University, were held in high esteem. Thus I was not prepared
for the current lack of cultural vitality, nor for the falling-off of standards at
the University. The American image of Austria is composed of Mach, Freud,
Kafka, the Viennese Circle, etc. It is an image which doesn’t fit the current
realities.“1
Als vielleicht effizientestes Instrument US-amerikanischer Hegemoniebildung
nach dem Zweiten Weltkrieg trug das Fulbright Program in Österreich aktiv zu
jenen Entwicklungen bei, die wir eingangs als Expansion des Wissenschaftsbe-
triebs, als Streben nach Autonomie und als Internationalisierung der Wissenschaft
festgehalten haben – und verlieh ihnen eine spezifische („amerikanische“) Note.
Ebenso haben wir aber gesehen, wie die handelnden Personen – Kommissions-
mitglieder, HochschulprofessorInnen, Beamte – ihre Vorstellungen und Interessen
einbrachten und dem amerikanischen Programm zugleich wieder einen spezifi-
schen „österreichischen“ Duft verliehen. Die Implementierungs- und Wirkungs-
geschichte des Fulbright Program in Österreich betont also gleichzeitig die loka-
len Eigenheiten des österreichischen Wissenschafts- und Hochschulbetriebs. Mit
anderen Worten: Wir haben jenen Prozess des Aufeinandertreffens von kulturel-
len Traditionen verfolgt, den Peter Burke als kulturelle „Kristallisation“ bezeichnet
hat
– dass nämlich externer Einfluss nicht zu einer kulturellen Uniformierung oder
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117