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weil sie Angst vor Reputationsverlust aufgrund einer Neuverteilung der knappen
Ressourcen hatten, pflegten HochschulprofessorInnen bei jedem Ansatz zu einer
Innovation im Feld ihre Vormachtstellung genauestens zu verteidigen.
Das erklärt die erstaunliche Unfähigkeit zum Kompromiss und die überaus
hohe Wehleidigkeit der Professoren. Die gegenüber jeglichen Neuerungen äußerst
negativ eingestellten Hochschulen bereiteten auch der Etablierung und Durchfüh-
rung des Fulbright Program einige Schwierigkeiten.
Fulbright Grantees – mehr als eine Frage der Definition
Als Unterrichtsminister Felix Hurdes im Oktober 1950 die erste Sitzung der Ful-
bright Commission in Wien eröffnete, unterstrich er die eigentümliche Reziprozi-
tät des Austauschprogramms:
„It has been stressed rightly that this agreement contains a bilateral, reci-
procal program. Due to our long isolation and to our very restricted finan-
cial means, we have very much to learn from the United States. On the other
hand, such an old cultural center as Austria can give something of inesti-
mable value as well to such a mighty and advanced nation as the United
States.“28
Wurde Österreich hier als Empfänger („to learn“) und als Werteträger („give ines-
timable value“) eine passive Rolle zugeschrieben, so beeilte Hurdes sich gleich im
Anschluss, die österreichischen Interessen am Austauschprogramm umso aktiver
herauszustreichen:
„Within the framework of this program, it will be especially important for
Austria to have guest professors and guest lecturers, scientists and experts
in Austria for one year, particularly to the places, where, in Austrian opin-
ion, they are most needed.“29
Der von Hurdes verwendete Begriff der Experten verweist auf die Erwartungen
der österreichischen Regierung: Kommen sollten vor allem spezialisierte Kräfte,
und ihre Auswahl sollte in den Händen der österreichischen Kommissionsmitglie-
der liegen. Die Orte des Einsatzes zu bestimmen implizierte aus österreichischer
Sicht nicht nur die Platzierung der Gäste, sondern auch das Feld, in dem sie spe-
zialisiert waren.
Das unverhohlene Interesse der Österreicher an den amerikanischen Wissen-
schaftlerInnen korrelierte mit der hohen Erwartungshaltung, die auch von US-
Seite in diese Gruppe gesetzt wurde. Doch die österreichische bzw. US-amerika-
nische Seite hatten einander entgegengesetzte Ziele. Um dies für die Analyse zu
verdeutlichen, können wir die Fulbright Commission als eine spezifische, insti-
tutionalisierte „Verflechtung“ von Individuen verstehen (Elias 1970, 79ff). Aus
den vorhandenen Dokumenten – insbesondere den Sitzungsprotokollen und den
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117