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Institutionelle Innovationen (und ihre Verhinderung)
Auch die Kommission hatte spätestens Ende der 1950er Jahre erkannt, welche
Bedeutung institutionelle Anbindung für den Erfolg des US-Visiting Lecturer-
Programms hatte.
„While U.S. lectureships in American Language and Literature and the
Sciences fit easily in the academic curriculum of the Austrian university
system, special efforts have been made […] to foster interest in Ameri-
can History and American Civilization. Taking into account the particu-
lar structure of Austrian universities the Commission […] has succeeded
in creating such academic interest at two institutions closely affiliated
with the Universities of Vienna and Innsbruck respectively. They are the
Amerika-Institut at Innsbruck and the Interpreters’ Institute in Vienna,
where U.S.-Visiting lecturers in the fields of American History, American
Cultural History and Political Science have taught for the past three aca-
demic years.“42
Wir haben in Kapitel 2 die grundlegenden Bedingungen kennengelernt, unter
denen zu Beginn der Zweiten Republik der Wissenschaftsbetrieb operierte. Ende
der 1950er Jahre baute sich zunehmend Druck hinsichtlich institutioneller Neue-
rungen auf. Dafür waren verschiedene Gründe ausschlaggebend: Parteipolitische
Überlegungen spielten ebenso eine Rolle wie die Expansion des wissenschaftlichen
Feldes und das Heranwachsen einer neuen Generation von WissenschaftlerInnen,
die sich (durchaus auch in Konfrontation mit den alteingesessenen Patrones im
Feld) profilieren wollten. Grob vereinfacht waren auf der einen Seite Emigranten,
junge InnovatorInnen am Feld und ehrgeizige PolitikerInnen des kleinen Koali-
tionspartners SPÖ an einer Forcierung institutioneller Reformen interessiert. Auf
der anderen Seite standen die konservativen Ministerialbeamten und ihr welt-
anschaulich dem politischen Katholizismus zuzurechnender Minister Heinrich
Drimmel sowie der Großteil der mit dieser mächtigen Bürokratie in mehrfacher
Hinsicht verbundenen Professorenschaft.
Dass diese spezifische Konstellation zu einer beinahe vollkommenen Pattsi-
tuation in der Wissenschafts- und Hochschulpolitik führte, ist bereits anderswo
festgestellt worden (Fleck 1996; Müller 2008, 148ff). Für die vorliegende Studie
sind die Debatten über die Instititutionalisierung von neuen Wissenschaftsprakti-
ken aber von besonderem Interesse, lässt sich doch daran konkret bemessen, wel-
che Rolle das Fulbright Program einnahm, in dessen Umfeld zumindest zwei der
Scharmützel, Vorstöße und Abwehrgefechte erkennbar sind.
Als Transmissionsriemen von in den USA etablierten Wissenschaftsprakti-
ken diente das Programm kurzfristig zurückgekehrten Emigranten dazu, ameri-
kanisches Know-how nach Österreich zu vermitteln. Die bekannteste Initiative,
jene von Paul Lazarsfeld zur Einrichtung eines aus Geldern der Ford Foundation
finanzierten postgradualen sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums (Feld-
erer (Hg.) 1993; Fleck 2000), hatte freilich mit dem Fulbright Program nichts
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117