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98 Potentielle Grantees aus Österreich in den Naturwissenschaften hatten es demnach
in den USA weitaus leichter als ihre KollegInnen in den Humanwissenschaften.
Wir können hier nicht im Detail ausführen, woran das gelegen haben mochte:
Waren die Naturwissenschaften in den USA aufgeschlossener gegenüber ihren
europäischen Pendants? Gab es in diesen Disziplinen bessere Finanzierungsmög-
lichkeiten? Waren die österreichischen VertreterInnen der Humanwissenschaften
einfach weniger gut mit ihren amerikanischen FachkollegInnen vernetzt? Oder
war die Qualifikation in den Humanwissenschaften nicht ausreichend für ame-
rikanische Universitäten? Es war wohl ein Zusammenwirken all dieser Aspekte.
Umgekehrt waren es die US-amerikanischen Grantees, von denen die Weiter-
gabe spezifischer Wissensinhalte erreicht werden sollte. Was hat diese transat-
lantische Übersetzungstätigkeit bewirkt? Inwiefern hat die Schwerpunktsetzung
im österreichischen Hochschulbetrieb verfangen? Können wir konkrete Auswir-
kungen davon ausmachen, und worin bestanden die Transferleistungen wissen-
schaftlicher Praktiken? Analysieren lässt sich das anhand von zwei Aspekten:
zunächst an den Diskussionen, die sich innerhalb der Fulbright Commission in
Bezug auf die inhaltliche Definition der vagen Vorgabe von Social Sciences und
American Studies entspannen, und daran anschließend an den Aktivitäten der
Fulbright Grantees und der Institutionalisierung von Social Sciences und Ame-
rican Studies.
Zur Semantik von Social Sciences und American Studies
Das Proposal für das Studienjahr 1959/60 formulierte die unveränderte Stoßrich-
tung des Fulbright Program:
„The Annual Program Proposal […] is again based upon project requests
submitted by Austrian institutions of higher learning. The Commission
has received 21 such requests and has selected six for inclusion in this pro-
posal. […] High priority was again placed on ‚American Language and
Literature‘, ‚American Studies‘, and ‚American Civilization.‘“3
Was wurde im zeitgenössischen Kontext eigentlich unter Social Sciences und
American Studies verstanden? Eindeutige Begriffsdefinitionen gab es auch in den
USA nicht. Pragmatisch ging etwa eine zeitgenössische Studie (Lazarsfeld/Thie-
lens 1958, 3) vor, die sich vor die Herausforderung gestellt sah, Social Sciences
zu definieren: Sie bezog sich dabei auf die Lehrangebote an amerikanischen Uni-
versitäten und Colleges, die im weitesten Sinne mit „controversial topics“ gesell-
schaftlicher Natur zu tun hatten.4 Eine andere Untersuchung widmete sich zur
selben Zeit den American Studies. Darunter wurde verstanden
„the study of the Civilization, past and present, of the United States of
America, principally the study of those aspects that are fundamental to all
national civilizations: human and cultural geography, political, economic,
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117