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von itastilien.
Verwegen drängt hervor sich die Begierde,
Und niegesehne Bilder formen sich
In ineiuer heiß cntglühten Phantasie,
Ten reinen Engel hat das schöne Weiu
In meiner Brust verdrängt! — Nicht diesen
Vlick!
Er könnte Teufel sanfter fühlen lehren,
In meiner Brust sacht er die Flammen an!
Vlanla,
Verechter, konntest du dein Meisterstück
Mit einem schlage deiner Hand zertrümmern!
Fcdrilo
<«oi sich !,in>,
l'nd lann'Z Verbrechen sein, das auszul^n.
Was er verachtungsvoll U^n sich gestoßen?
Wer hancht dies schwarze Wort in meine Seele?
Fort von mir, gräßliche Gedanken! — Flieht!
Vlllnla.
Fedriko, tritt zurück, noch ist es Zeit,
Noch hat der Tag den dunkeln Schleier nicht
Gezogen von dem Antlitz deiner Tat,
O laß mich sterben! An dem Vaum des Lebens
Ist mir iin ^eim ersticket jede Frucht,
Bis sie der Tod von dürren Ästen schüttelt?
Gib mir den Tod, Allgntiger! den ?oo!
Fedrilo.
Tu willst mit deinem Blut mein Leben laufen,
Mein unwürdig verbrecherisches L^ben?
da, Weib, du bist betrogen, sag' ich dir!
Tie Schale siehst du uur, den Edelstein
Hat ein gewandter Tieb listig gestohlen,
Wenn d» ein Scuszerchen nur dasür gibst,
Ein Tränchen, das die Lnft verzehrt, eh' es
Sich aus der Mutter Schoß ganz losgcwuuoeu,
Tu gibst zu viel! viel, viel zu viel! Mein Leben
Und die hat ihren Preis verloren, seit
,<!aus nicht! Ter Tod hat schon so viel geboten,
Taß nur die Sünde mehr noch bieten kann!
Ich rette dich! Ich hab' den Weg betreten
Und will ihn niutig wandeln bis zum Ziele!
Geschworen hab' ich's, unlösbar geschworen,
Tich seinen Mörderhänden zn entreißen,
Und eh' wird die Natur ihren Gesehen,
TaZ Licht der Sonne untreu, als ich meine,,,
<El eil! zu einem «r°ßen Bilde, das in dei (icke dss 3,,'!^
Vlanla,
Ach, Vater, Vater, leih mir einen Strahl
Von deiner Weisheit, der die dunkle Nacht
Ter Ungewißheit hellt, die mich umgibt!
Erbarme»! Teine Geister prüsc so,
Nicht dieser Welt gebrechliche Bewohner! Es öffnet fich mir eine schöne ^nl
Vom Sounensclieiü der Liebe !>,'II
?es Mullerlandcs wohlbekauule ^Iu^',1,
Tie jede meiner Freuden blichen sah',,,
Soll ich mit freiem Fuße wieder treten!
Nie Haine, die der Liebe jun^e »nojpc
In ihren starken Armen schulend de>!t,'ii,
Und jeden Ort, an de,i „,,t sl>,,!>,, ,^a?>,i
Ner Zanbcr der Erinnerung ,,,>>>, tniil'ii,
Ieue Natur soll lvieder niich nnisanien,
I» deren Schoße ich beglückter Liebe,
Geheimer Sehnsucht süße Tränen weinte,
An deren Vusen ich mit ünn, init ihm
In seligem Vergessen glücklich lag,
Tic unsrer Liebe süße Schwüre hörte,
Die segnend uns mit Mutteralün,, d.irg,
Als liebevoll wir unsre herzen tauschten,
Zu einem Sein das Toppeldasein schmolz!
Umschließen soll ich wieder meines Vatev^
Mit diesen Armen seine Schritte sin! ,-,i.
Mit liebender Gewalt ihn aus des Grabes
^chou nnsgestlVtlttn A,'meu sorgsam ziel,!,,
An meinem Busen seinem greisen hanpt,
Tas mein Geschick auf Turnen ihm gebettet,
Ich seh' ihn, wie er nach der tenren Tochter
Tie abgezehrten, schwanken Arme streckt,
Sein tummerschweres Haupt seh' ich gcsuukcn,
Tcn Blick voll Sehnsucht iu die Feruc richtend,
Woher die Nctteriu ihn: soll ersehe,,u,,!
«rund zuiucl,!
Feürila
<v°u L,ü. ,>!.,,'
Vlankll, du willst? - Willst wirklich? '^111,1
entsliehn?
Nnn denn, leb wohl! leb ewig wohl, Geliebte!
Laß mich znm letzten Male dich so nennen.
Laß ans dem Buche des Gedächtnisses
Mich jene kummervollen Tage wischen,
Mit Tolch und Gift von dem Geschick bewaffnet.
Laß »ns auf des Gedankens fchncllem Fittich
>>i,ȟbereilen, Hand in Hand,
An der Loire himmlifchc Gestade,
Wo noch der Sitte fchwarzcr Täinon
Nicht zwischen unsre .Herzen sich gedrängt,
Wo noch kein König durch sein herrisch Wort
Ter Seele» innige Verniischnng trennte,
Wo ich noch schaudern kouutc, wenn mein Ohr
Ter Sünde vieluerhaßter Name traf,
O, Nückcrinnerung des nngemess'nen Glücks,
Zurück niit deinem strahlenhcllcn Schein,
Tcr mir den Abgrunds der mich ringsum au»
gähnt,
Vor meinem schmerzbenetzte» Ang' enthüllet!
O, was besaß ich! Was hab' ich verloren!
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik