Seite - 74 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Bild der Seite - 74 -
Text der Seite - 74 -
Wer ist
Gärtner.
Der Herr, ach Gott, der Herr, er jagt mich aus
dem Dienste!
Marie.
Doch wie das all' zusammenhängt, begreift ein
»iud.
Ich will Eu'r Unglück nicht, ob Ihr es gleich
verdient.
Geht denn! Doch hört! Wagt Ihr cs jemaiid zu
Was hier geschah —
Gärtner.
Eh' lass' ich mich in Stücken hauen!
Marie.
Selbst meinem Man». — Ich bin begierig doch
zu sehn,
Wie weit seine Verstellung reicht — Ihr tonnt
»u» gehn.
Gärtner.
Weiß sie cs, weiß fies nicht? Worüber mag sie
brüten?
Ich soll's dem Herrn nicht sage»? ^ Werde mich
wohl hüten!
Vritter Auftritt.
Marie
Der Schlag, er ist geschehn! Mein Unglück ist
gewiß,
Ich darf nicht zweifeln meln', — Der Zweifel ist
so süß.
Wenn seine Stacheln gleich das herz u»s blutig
ritzen,
besitzen.
Wer ruhig nur genießt, tennt nicht des Gutes
Wert l
Furcht zu verliere» ist's, was uns ihn leimen
lehrt.
Ob ich gleich zitterte, wenn ihm ein Mädchen
nahte.
Lag doch in dieser Furcht auch Woune, denn
bejahte
Nicht jeder Vlick, den sie ans trnntnen Angcn
schoß,
Mein Glück i» seinem Arm sei ueidenswürdig
groß?
Und jeder Kuß war doppelt süß, dcu ich ihm
raubte.
Weil ich d»r ganzen Welt ihn abgestritten glaubte,
Tem Geizhals gleich, der bebt, wenn nur die
Diele tracht,
Entzückt, lann er den Schatz nur schau'n, den
er bewacht.
Wie oft sloh feiuctwegen mich des Nachts der
TcZ Tags die Nuh'; und so vergilt er meinen
Kummer,
So nieinen Gram, die Liebe, die er nie verdient.
Zu spät seh' ich das nun, zu lange war ich blind. Nur er war lueincLust, mein einziges ,
Und er — allein er soll mich uimmcrimln l
trügen!
Doch ha! — Ist cr'Z nicht, der dort ,nii dem
Gärtner speicln?
Vcrmntlich frägt er nach dem Vrief, der Böse-
wid't! —
Er ist ein hübscher Manu, d,io muß K'm Feind
Doch auch so falsch als hübsch, ^>I, kau» ihn gar
Vr trägt den Überrock, der ihm su artig l,iß>,
Mit seinen braunen haaren spielt em le,>V> W^ s!,
Ist's doch, als hatte die Natur, uur mich zn
höhne»,
heut alles aufgeboten, uni ihn zu vers>In>u>,,,
Sein Aug' — wer fah cs je uiw hat il)n nicht
l l !
So frouini, als hätte er !ci» Wasser je g
Doch still, er naht, — Tret' ich ihm mit d^m
^rief entgegen?
Doch nein, dann leuguet er. — hierher w,U >>!>
ihn legen,
hier auf die Vanl, damit er ihn suglcich ^!.>>,,!!,
Vielleicht, daß mir es ihn zu überr^'ch.,
<«ic legt den Biui ,n die i,'nul>>- unk nnll fort. Ho» !r>!l
Vierter
Ho», Mnric.
Hllll.
Ach, sich da, du hier? Güten Morgen, !n'b>3
Weibchen,
Tu bist ja hcnt ganz Grazie, Dies simple
Leibchen,
Vs steht dir schöner als das präch!i,is>,- >>>, wm,>
Wen die Natur geziert, entstellt des Schneiders
Hand,
Mari,'.
Durch leere Schmeicheleien sucht er mich zu bo
stechen.
Zu oft gelang's ihm, er lcnnt leider niciue,
Schwächen,
Doch diesmal bi» ich fest,
H«ll.
Na, Liebchen, einen Knß —
Tu kehrst dich ab, dn weigerst mir d«n Morgen»
grnß?
Nicht doch!
Marie l!°l!>«).
Ich muh ja wohl, er läßt mich nicht vom Flecke.
H«ll.
Gib acht, ob ich dich nicht aus deinen Träumen
wecke?
Nun, fchlägt das Mittel an? Nun, ist dein
Spleen kuriert?
Wie, noch nicht? Nczipe! Die Dosis repctie»t?
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik