Seite - 81 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
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Wer ist schuldig?
Der Zettel ist au ^ie!
Er selber straft Sie Lugen.
Erkenne» Sie doch Ihre Hand in diesen Zügen.
Wuz» »och lc»g»e»? Ihre Schrift ist mir be-
kannt.
Marie.
Ich alsu schrieb den Vrief au niich mit eigner
Hand?
Sie werden selbst gesteh», darüber muß man
lachen,
Holl.
Nur zu, Tie sollen mich dadurch nicht irre machen,
Marir.
Was seh' ich? l-ie nimm! den Brief,»
'^ar ich blind? N. II. hm! «.Mamsell,
II, Hcnriette! Nnn wird es auf einmal hell,
Aon DormanZ Iettchcn!
Holl.
Eins nur haben Sie vergessen!
Eeit waun seht inan die Unterschrift auf die
Adressen?
Erinnern Sie fich auch, daß ^1. Monsieur erst
hieß'
II. Holl. Sie sind, scheint's, Ihrer Sach' nicht
sehr gewiß!
Doch weil Sie anszulegcn nnn eininal belieben,
Wohl, so versuch' ich's auch.
Ein ^, ist unterschriebe»,
l!,,deutlich zwar, doch lesbar, Hcißt's woh!
Iaucr? —Wie?
Marir.
— Ja, ganz recht! Doch Iettchcn
hißt di ^
Ein F? ch
eißt es
Holl.
Es sieht mehr wie ein A. — Wie, wenn es Iollcr
hcße?
Marie.
Veit inehr gleicht's einem N und heißt luohl gar
Elise.
Holl.
Der Strich — es ist ein I., Von Linl ist das
Billet.
Marir.
Ver Puult h^ cr u,acht's znin N — die zärtliche
Vabelt,
Hill.
Sie wollen Ihren Nitz an inciner Langmut
schleifen,
An Sie ist dieser Vrief, mit Händen kann man's
greifen,
<3>e singt,!
Sie sah» mich oft fchon >ueich, allein ich bin
kein Tropf,
^euu'o qilt, h i^b' ich so wie ein andrer nieiueu
Kopf.
MiittvarzerZ s>i,„tliche Welle. I I . Mari?.
Ja, einen wahren Männerkopf, der eher bräche,
5!ls seine Schuld gestund' und von Vergebung
fpräche.
Er ist an Sie, der Brief, der incine Nuh' ver-
schlang.
Was soll das? <ür pfeift..
Hüll.
M^rie.
2er Brief, er ist an Sie. 2as werd ich ewig
glauben.
Mein Männchen sprach 'ja selbst —
Holl.
Ihr Männchen ist ein Narr!
Marie.
Sie selbst! ha, h.:. <2achl.)
Hüll.
Ja so! — Ganz recht, Madam, er war!
Tcr Brief hat ihn kuriert, von nun an sieht er
helle.
Marie.
Auch ich, und darum weich' ich auch nicht von
der Stelle,
Holl.
Tas schwatzt und schwatzt! Ja, wer ein Weib zu
Boden spricht,
Ter hätt' auch sicher Lernas Hyder einst be»
Der Kopf zwar bleibt stets wie zuvor, allein die
Zungen
Verdoppeln sich mit jedem Streich,
Marir.
Tie Zeiten sind vorbei,
Wo man geglaubt, daß eine Frau nie müudig sei!
Holl.
Wie, mündig? O, an Mund fehlt' ench's in
leiuen Zeiten,
Weiten,
Marie.
Sie sind ein — Mann!
Holl.
Marie.
Ein Mann! Mehr Schlimmes sagt kein Wort
mit cincmmal!
Hüll.
<Aott schuf den Mann mit reichen Gaben, leichtem
Vlnte.
2a übernahm der Frohe fich im Ubermute.
Damit er künftig nun hübsch in den Schranken
bleib',
Gab ihm als Peitsche und als Steigriem' Gott
— ein Weib.
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik