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O, Aus dem Reiche der Kunst und Literatur, 125
Als sich zum Ungetümen anzuschwellen,
Tao '^'ul, ixr «uust ist eine zweite Welt,
Doch wcscnhaft und wirklich, wie die erste.
Und alles Wirkliche gehorcht dein Maß,
Des seid gedenk, nnd mahne dieser Tag
Die Zcit, die Größrcs will und Kleinrcs unr
Am Grabe Mozarts, des Tohnes.
So bist dn endlich hi»gcga,igen,
Wohin der Geist dich ewig zog,
Und bältst den Großen dort umfangen,
Der adlerglcich zur ^ouuc flog, ,
Daß keiner doch dein Wirken messe,
Der nicht der Sehnsucht Stachel kennt,
Du luaist die trauernde Zypresse
An deines Vaters Vtonument,
Wovon so viele einzig leben,
Was Sto>i und Wahn so gerne hört.
Des Vaters Namen war cs eben,
Was deiner Tatkraft Keim zerstört,
Vegabt, um höher aufzuragen,
W,1>> würde wohl mein Vater sagen? —
War, dich zu hemmen, schon genug.
Und war o zu schaffen dir gelungen,
Was manchen andern hoch geehrt,
Du selbst verwarfst es — kaum gesunden,
Als nicht des Namens Mozart wert,
Nnn öffnen sich dem gnten Sohne
Des großen Vaters Arme weit,
Er gibt der Kindcstreu' zum Lohne
Er wandelt sich von heut in Glück;
Tönt doch von Salzburgs Erztolosse
Ein Echo auch für dich zurück,
W^uu dort die Menge fich versammelt,
^M'snichtig Tclnm'igcn alle bannt,
Nceihouc».
Abgestreift das Band der Grüfte,
Noch erschreckt, fich fiudend kaum,
Flog die Seele durch den Naum
Dünn und leicht gespannter Lüfte,
War das Blitzen? — War's ciu Laut?
Ach, er hört, er hört den Laut! —
Ttürmeu jetzt, wie Windesbraut,
Welien nun, wie Engelsschwingen,
Klänge nun, wie Harfen klingen.
Aufwärts! Aufwärts! — Kreis an Kreis,
Wl'll au We>t, vom Schwünge heiß, Und der äußerste der Sterne
Zeigt noch gleich entfernt die Ferne,
Denn das letzte wird zum eisten,
Und des Ganzen keine Zahl, —
Übst dn zweimal deine Macht?
Aber nein, es führt nach oben.
Aus des Dunkels Schoß gehoben.
Strahlt der Tag in neuer Pracht,
Und ein Land streckt seine Weiten,
Gleich Oasen, die sich breiten
In des Saudmeers wüstein Grann,
Und dnrch seine Blumen schreiten
Männer, göttlich anznschann
Klarheit strahlt aus ihren Zügen,
Lächeln schwebt um ihren Mund,
Ein befriedigtes Genügen
Noch der Angekommne, düster,
Stehet fern und blickt nicht um,
Gült' es ihm, ihr leis' Geflüster?
^Imi ihr Winken, still uud stumm?
Aber plötzlich fällt's wie Schuppen,
Er erkennt die Mcistcrgruppen,
Und die Meister kennen ihn.
Einer aus der Schar der Sänger
Hebt den Finger, lächelt, droht,
„Aach, ich kenne dich, du Strenger!
Nächst du ein verletzt Gebot?" —
Ritter ohue Furcht und Tadel,
Geht vorüber Gluck und weilt,
Nk'lt im Schreiten nnd enteilt, —
„Hahn, Haydn! alter Vater!
Sei mein Schützer, mein Berater
Und der Alte faßt die Hand,
Küßt ihn auf die Stirn und weinet,
Doch war frühlich, was er meinet:
„Bravo, 8ekLl2n, ^llezretto!
Hie und da hätt' ich ein Veto,
Doch ist's Blut von meinem Blut,
Ach, sie nenncn's, glaub' ich, Laune
Nun, ich war auch heitrer Laune,
Und das Ganze, wie so gut,"
Eimarosa will noch zaudern,
Paesiello wagt sich nicht,
Zeigt doch Neigung ihr Gesicht,
Höher fast um Kopfeslänge,
Drängt sich .Händel dnrchs Gedränge;
Da teilt plötzlich sich die Menge,
Und der Glanz wird doppelt Glanz:
Mozart kommt im Sicgeskrnnz,
Und der Fremdling will entweichen:
„Ach, was soll ich nnter euch?
Schien ich bis hierher zu reichen,
Aber hier, den Besten gleich?
Wo ich irrte, was ich fchltt',
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik