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Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Seite - 193 -
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Der arme Spicluiann. 193 und hin- und Hergehenden zwischen dem Trauer« gelcite und der Gärtncrswohnung, Am Haus« tor stand ein wacker aussehender, ältlicher, aber iwch »lästiger Mann, In hohen Stiefeln, gelben er eine,,, Landjleischcr ähnlich. Er gab Auf- träge, sprach aber dazwischen ziemlich gleich- ,1ülti,i, mit den Nebenstehenden, Ich ging an ihm vorbei und trat in den Hofraum, Nie alte «"äl'Nn'rin kani mir entgegen, erkannte mich auf der Stelle wieder nnd begrüßte mich unter Tränen, Geben 3ie uns auch die Ehre? sagte sie, Ja, unser armer Alter! der musiziert jeitt mit den lieben Engeln, die auch nicht viel besser >Vin Immen, als er es war, Nie ehrliche Seele saß da oben sicher in seiner Kammer, Äls aber das Wasser lau, nud er die Kinder schreien hörte, da sprang er herunter nnd rettete und schleppte nnd trug und brachte in^ Sicherheit, daß ihm der wie man denn nicht überall seine Augen haben tann — als sich ganz zuletzt zeigte, daß mein Papiergeld im Wandschrank vergessen hatte, „almi der Alte ein Beil, ging ins Wasser, das ihm schon an die Vrnst reichte, erbrach den Schrank uud brachte alles treulich. Na hatte er blicke denn leine Hilfe zu haben war, griff er in die Phantasie nnd wnrde inimer schlechter, lich, und schlug den 3a!t nnd gab Lektionen, Als sich das Wasser ein wenig verlaufen hatte lichcn, lichtete er fich plötzlich im Vette auf, wendete Kopf und Ohr seitwärts, als ob er in der Entfernung etwas gar Schönes hörte, iniv !iiü>uif, er hat oft Uon Ihnen gesprochen, Nie Madame ist auch oben. Wir haben ihn anf unsere Kosten begraben lassen wollen, die Frau Fleischcrmcisterin gab es aber nicht zu, bis zur Dachstube, die osfen stand und ganz ans« geräumt war bis auf den Sarg in der Mitte, der, bereits geschlossen, nur der Träger wartete. An dem Kopfende saß eine ziemlich starke Frau, über die Hälfte des Lebens hinaus, ini bunt- gedruckten Kattnnübcrrocke, aber mit schwarzem ,^alstnch und schwarze,,, Band anf der Haube, ^s schien fast, als ob fie nie schön gewcfen sein konnte. Vor ihr standen zwei ziemlich erwachsene Kinder, ein Bursche und ein Mädchen, denen sie offenbar Unterricht gab, wie sie sich beim Leichen« znge zu benehmen hätten. Eben, als ich ein« trat, stieß sie dein Knaben, der sich ziemlich wlpisch anf den ^arg gelehnt hatte, den Arm drunter nnd glättete sorgfältig die herans^ stehenden Kanten des Leichentuches wieder zu« recht. Nie Gärtnersfrau führte mich uorl da singen aber unten die Posaunen an zu blasen, und zugleich erscholl die Stimme des Fleischers von der Straße hcranf: Barbara, es ist Zeit! Nie Träger erschienen, ich zog mich zurück, um Platz zu mnchcu, Ncr Sarg ward erhuben, hinabgetragen und der Zug setzte sich >,, >^- wegung. Voraus die Schuljugend mit Kreuz nnd ^alnie, der Geistliche mit dein Kirchendiener, Unmittelbar nach dem Sarge die beiden «indcr die Lippen, sah aber dabei links und rechx- mn sich. Nie Frau las eifrig in ihrem Gebetbuchc, nur machten ihr die beiden KXndcr zu schajfvn, aber kehrte fie wieder zu ihrem Buche zurm!', So kam das Geleit zum Friedhof, Tas <^nau war geöffnet. Nie Kinder warfen die erste Hand« selbe. Nie Frau kniete und hielt ihr Bnch nahe an die Augen, Nie Totengräber vollendeten i! r Geschäft, und der Zug, halb aufgelöst, kehrte zurück. Au der Türe gab es noch einen kleineu Wortwechsel, da die Frau eine Forderung des Begleiter zerstreuten sich nach allen Richtungen, Tcr alte Spielmann war begraben. Ein paar Tage darauf — es war ein Son,:- tag — ging ich, von incii>er psychologischen ^en» Alten als Andenken zu besitzen wünschte, Ich fand die Familie beisammen ohne Spnr eines zuriichiebliebenen besonderen Eindrucks, Tuch hing "die Geige mit einer Art Symmetrie ge- ordnet neben dem Spiegel einem Kruzifir, gegen» über au der Wand. Als ich mein Anliegen^ er- klärte und einen verhältnismäßig hohen Preis anbot, schien der Mann nicht abgeneigt, ein vor- teilhaftes Geschäft zn machen. Die Frau aber fnhr vom Stuhle empör nud sagte: Warum nicht gar! Nie Geige gehört unserem Iatob, nnd anf ein Paar Gulden mehr oder weniger tommt es nns nicht an! Tabei nalmi sie dao> In- strument von der Wand, besah es von allen fürchtend, heftig zustieß nud abschloß, Ihr Be- sicht war dabei von mir abgewandt, so daß ich nicht sehen konnte, was etwa darauf vorging, Suppe eintrat nnd der Fleischer, ohne sich durch deu Besuch stören zu lassen, mit lanler Ztiinine fein Tischgebet anhob, in das die Kinder gellend einstimmten, wünschte ich gesegnete Mahlzeit und ging zur Türe hinaus. Mein letzter Blict traf die Frau, Sie hatte sich umgewendet, nnd die Tränen liefen ihr stromweisc ül,er die Vmlen. 13
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Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Titel
Grillparzers sämtliche Werke
Untertitel
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Band
II
Herausgeber
Rudolf von Gottschall
Verlag
Hansa-Verlag
Ort
Hamburg
Datum
1906
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.2 x 15.9 cm
Seiten
552
Schlagwörter
Dramatik, Literatur, Gedichte
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
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