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200 III, Erzählungen.
verschlungenen >>n>eige ein ^iclit in ihre Äugen,
in derselben Richtnng, in der jene Haarte liegen
mußte, Tie beeilten sich, den Rand d.'s Ä^aldev
zu erreichen, und ivar^n nun am Fuße des von
bäumen entblößten Bügels angekommen, auf
dem die Parte stand,' Äln'r le,u i.',cht blickte
durch die ansgebröckelten ^chu^lscharten: leine
Suur eiueo meuschüche» Wesens, Zivar »vollte
der alte Verwalter bei dein schein des eben a»f^
gehenden Mondes frische Fußtritte ani Boden
benierteu, auch war es tein-snn-gs in der i^id
»ung, die Türe »nveifchlossen zu finden- aber
lies; sich so leickit ans einer Nachläfsigteit des
SchlosUvarts erklären,
,, '^eickner atmend, ging der Gras mit feinem
Begleiter den ,viigcl !,erab, den, Schlosse zu,
Der Mond warf sein Silber über die ruhig
schlummernde Gegend und vcrlvaudclte das vor
,l,nen liegende Schloß iu eiucn schiuinieru^e»
Feenpalast, In der Seele Starfchenslys ging,
reibender als je, das Bild feiner Gattin auf,
Iei^it erst gestand er sich's, daß ein Teil des i,i
ihm aufkeinienden Verdachtes ihr gegolten baue,
luie sie sorglos silUniuniernd im jungfräulickien
er sie, feit den Tagen des ersten VegegucnZ,
der bränllichen Velvcibung taum je, emp-
fnnden hatte,
„So träuiutc er, sc> ging er, ?a siiliüe er
fich plötzlich angestosien, Tein Äegleiter luar'si
bellerlenchtetc Feld, Tlarschenc'In folgte der
Richtung und sah eines '.'.','an,,e>> Geslalt, lvelche,
die voi,, Viondc unerlenchtete, duutle 3lite
i!n,en zugetelnt, übers Feld dem Schlosse zu»
schlich, Ter Gras ivar sein felbst nulu inaclnig,
?iiit einem lauten Ausrnf, den gezückten Eiibel
in der Faust, sn,r',!e er ans die Gestalt los, Ter
Fremde, frübzeitig gelvarnt, floh, Uoin Tchloffc
ab, dcn Bäumen zu, Tchon im Vegriffe, ilni
dahin .zu verfolge,,, ward der Graf durch eiue
,'weile Erscheinung davon abgehalten, die dicht
an der ^auer des 3chlosses sich hinschob. Diese
zweite, ward bald erreicht und gab fich zillevnd
gekommen? beantwortete an ihrer 2tatt das ge-
önncte "Ansfaltpfoltcheu, das, gewöhnlich ver«
sperrt und verriegelt, uur auf des Grafen Ve-
fehl mit eiuem ^chiüfsel, den er felbst verwahrie,
geöffnet iverden tonnte,
,,^lile Versuche, oou dem Viädchen ein Ge-
stäudnis zu erpiessen, waren vergeblich. Na er«
g.iif fie der Grai livcherzürnt bei der >>and und
fiilnle fie gewaltsam durch die mauuigfach uer-
ilinungenen Gänge bis zu den Zimmern feiner
fchloffcu fand. Llga felbst war wach und in Kleidern, Ter c,raf, sioiler,id vor ^itt, er>
zählte das Gescheliene und verlangte, dasi da?
'U.adän'n enlwcder angenblicklich be!>',i,ie, oder
auf der Stelle ans Tiensi und i^ anse eniiernt
zitterte und weinte
,Starschcnsk>i hatte fich feine Gattin ver-
legen, oder feixe,,, gerechten Zorne i>',ji!,!,me,,d
gedacht. Keines von beiden geschah, >lal! n,!d
>?ansev nicht durch sein lautes schelten ,z>, i,l.'i,x,
uud als er fortfuhr uud die Entfernung des
Mädchens begehrte, da erklärte fie mit sleigcnd^r
Ä'.-äruie: Ihr gebühre, über das Verhalten iln,r
Dienerinnen zn rn!,ten, fie selbst luerde ,i,,le>'
zog das Mädchen voni Vodcn auf, fie gewalt»
fam ans dem ^,!Mü, > ,,, bringen, aber Llga
fpraug hinzu, ergriff des Mädchens andere ,">,,id,
riß sie zu sich, iudem sie ausrief: '.>l'nu denn,
so stoß nnch inick, auo den, ,^ai,se, denn darauf
ist es doch woll! abgesehen! Vaß ich früher dich
laut weinend fort; gekränkt, mißhandelt! Aber
fchuldlose Tiener sollen uiib! nn, ,,,eine!nnl!e>i
leiden! Tabei .zeigle sie de,n 'N>ädt!>e,, ,,,,! d^in
Dinger auf die 3ure ilnes !^lilasge,uack>>
oerslaud deu sl>i,nn,eu Bejelil nnd ging eilig
Inüeiü, l^Iga folgte uud schloß die Tnre >,ü,l,r
sich ab,
„Starfcheusll! stand wie vom Donner ge-
trosfen. Einmal raffte er fich enivor nnd ging
auf das Zimmer feiner ^ran .zn, I>a!ben ^v>ges
in ein dumpfes Ltauucn, Der alte .Hausver-
walter trat zu ilnn nnd fvrach ei,,ige Worte;
der Graf aber ging ohne Antwort au il,,n
vorüber zur Türe hinaus, über die Gänge, a:,f
>>,,, lieniach, das im entgegengefehten Fliigcl
des Schloffes lag. ?ln der Schluelle we,,o>> >,
fich »in, durch eine Bewegung der ,^and jede
Begleitung znrückweifcnd, uud die Türe ging
liinler >h,il zu, Wie er die Nacht zubrachte —
wer lnnn es wifscn? Der Diener, der des
morgens zn ihm eintrat, fand ihn angelleidet,
auf einem Stuhle fitzend, Er schien zu schlaf,,,
doch näher besehen, standen die Ängeu offen und
starrten vor fich hin, Tee Tiener mnßte einige»
mal feinen Namen nennen, bis er fich bewegte.
Dann erst meldete jener seine Aotfchaft, indem
er ihn ini Namen der Gräfin bat, das Früh-
stück auf ihrem Zilnuier einzunehmen, Star-
fchcusky fah ihn staunend an, dann aber stand
er auf und folgte fchwcigeud, wohin jener ihn,
vortretend, geleitete,
„heiter uud blühend, als ob nichts vorge»
fallen wäre, kam ihm Elga entgegen^ s,e ,r
wähnte halb scherzend der Ereignisse der uer«
slossencn Nacht, Das Kamnierniädchcn ward eines
heimlichen Licbeshandels angeklagt, Dorlla seilst
gerufen, die ein unwahrfchcinliches Märc!,.,, u,i
behülfen geuug erzählte. Zuletzt bat fie un<
Verzeihung, welche die Gräfin, mit Niickficht auf
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik