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I. Zur deutschen Literatur. 247
nungclose ssrankeulaaer gchestct, tnm cine ab-
genötigte Einkehr in sich jclbst, eine Erinnerung
an die Iugenogesühlc, vielleicht ei» Wunsch,
die eigene Richlswürdigtcit vor sich selbst zu ver-
bergen, über ihn, dnher man auch von seinen
Versen nur die erste,i lin den Neiscbildcrn) und
indes man die aus der mittleren Zeit, wenn sie
nicht verspottend sind, geradezu als schlecht be-
cx'r Empfindung, der eigentlichen Quelle der
Poesie, bei ihm steht, zeigt sich schon daraus,
daß er die scheinbar wärmste» Ergüsse meisil'ns
durch cine Unflnterei oder ei,l hanswurstisches
Anhängsel selbst »uicder vernichtet und lächerlich
macht,
Graf Platen.
Dieser Graf Platcu kau» geivissermaßen als
ein Prototyp dcr neueren Deutschen gelte».
Nicht als ol> sie alle so gute Verse machen
tonnten, als er, uicht als ob sie alle so viel
Geist hätten, als er; aber darin gleiche» sie ihm
alle, daß sie mehr oder weniger gut sind, wenu
denken i schreiben sie aber aus ihrem eigenen
Wesen heraus, erbärmlich. Hat so ein Matador
stcn Dinge, er suhlt ganz wie ein Zeitgenosse
dcs PcritleZ oder der Königin Beßi wenn er
suhlen soll, als Deutscher des ncuuzehütcn Jahr-
hunderts, als Mensch statt als Auch, so geht
alles leer aus.
Es ist etwas Trockenes und Dürres in
Platens Gedichten, Nicht als ob ihm Empfin-
dung abging, aber er empfindet nicht, während
cr schreibt, sondern schreibt, wenn er scho» cuip-
Gedichte des Königs von Vayern.
ganz anderen Gesichtspunkte zu beurteilen, als
die des übrigen Haufens der Sterblichen, Vei
gültig und nur, was er gegeben, darf berück-
sichtigt werden. Bei dem dichtende» Könige
dabei gedmitt, ist die Hauptsache und beglückt
in jeiuen Wirkungen ein hoffendes Land,
vor allem Originalität, Eigentümlichkeit der
Weltanschauung, Byron, wo er irrt, ist größer
als Southcy, wo cr recht hat. Nie seine», Ge-
dichte unerläßliche Wahrheit ist die subjektive,
Die Gedanken uud Ansichten eines Königs müssen
objeltive Wahrheit haben. Angeeignete besser
als eigene, wen» sie richtigere sind. Freiligrath.
Frei l igraths Gedichte, Diese Gedichte
ind wie ein schönes Theater mit prächtige»
Kleidern und Dekorationen, aber ohne Schau-
spieler, Oder wie die Welt, ehe noch der Mensch
erschasfc» war,
Wolfgang Menzel,
Gelesen: Narcissus von Nolfgang Mcnzcl,
Dieser Man» ist wirklich ein Stück uon einem
Dichter, wcun nicht ein wirklicher ganzer, 7^1
hätte es kaum geglaubt. Sein: Rübezahl er-
schien mir als völlige Verstandespoesie, eine
Aufgabe des kalten Witzes, der auch allei» bei
der Lösung oder Nichtlösung interessiert war.
glcichung des Widerstreites vou Lirde uud Selbst-
liebe leitet das Stück ein, und so geht es völlig
begrisfswcise durch etwa drei Alte durch, ('»lüs!-
Dichtcr gewissermaßen seine- Aufgabe und führt
den Gegenstand immer mehr individuell fort.
Das will nicht sagen als wäre der Fall von
quenz durchgeführt, aber er verliert nach und
nach seine Beweiskraft für die zu erörternde
Frage und bildet zuletzt eine iutercfsante Ans«
ist dem Zufalle, oder vielmehr der stufenweisen
Erwärmung des Dichters viel Dank schuldig,
für dieses Vergessen, Der glückliche Wendepunkt
tritt ei», wenn Narcissus uud Armida die Pcr-
Nahrhcit (poetische), Poesie, Die Dichtung ist
darin merkwürdig, daß sie sich aus dem Ve»
griff entwickelt, der sonst häusig ihr Grab ist,
(Vegrisf sage ich, denn die philosophische
Idee ist für die Poefie auch nichts anderes als
ein Begriff,) Ealderon hat dasselbe Waqstucl
zwar auch oft versucht, ihm stand aber auch ein
hier so ziemlich fehlt. Das Stück spielt in der
Gedankenwelt, aber man fühlt, wenn man auch
nicht sieht. Die komischen Personen siud grüßten«
teils mit Glück eingeführt.
Das junge Teutschland,
Man hat geglaubt dem Unwesen der suge-
barg, Laube usw) durch ausdrückliche Verbote
der verdächtige» Schriften ein Ende machen zu
müssen. Das ist, abgesehen von dem Verwerf-
mcnfchlicher Hinsicht ein Fehler und ei» Schaden,
Allerdings ist diese junge Literatur ein Unsinn,
ja cine Verrücktheit, Aber wodurch soll denn die
'alte Verrücktheit bekämpft werden, als durch
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik