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2. Zur spanischen Literatur. 275
cinlenlt, wenn der Spaß aufs höchste gestiegen
ist, und die alö Mann verkleidete Arianza, die
Mutter geworden ist, ihrer wilden Geliebten
>m>isz macht, daß in Spanien die Männer
schwangt werde» und gebären,
Tcr erste Alt sehr gut, die zwei folgenden
ebriiso niatt. Überhaupt der erste Akt »»ver-
hältnismäßig ausgebildet, ein kor« ä'csuvrk, ein
Stück für slch, Es ist ein Fehler, dem ^opc
in der (sxubcranz seines Genies häusig cmsge-
sl,1,t ist, daü er die seiner Fabel vorausliegendeu
^ > ^cdcnln iic», die etwa in einer einzelnen Szene
hinlänglich exponiert wären, gern zu einem
Ganzen nichr wie ein Vorstück zum Nachstücke,
als wie ein erster Akt zu den übrigen Akten ver-
hält, Mangel an Einheit der Handlung ist daher
sein häufigster Fehler,
Im e2VÄl>ßro äe! z^ci-ainentn wirst sich Lope
Vombast si, Atti Ezene zwischen D, Luis und
T, Gracia), er, der sonst, vergleichiiiigswcisc, so
einfach nnd natürlich ist. Vielleicht ist das Stück
eines seiner späteren, nnd er wollte seine» ^ands
I>,itl'» ,^'>!^'», daß er auch so hochpoetisch sei»
L»is de Muncnda ist eben im Begriff, seine
Geliebte zu entführen, als er erfährt, daß eine
n>,I,>ftc>!l,,dc >in>!,c in Vrand geraten sei, Er
v,'rläs;t das Mädchen, stürzt iu das brcmiciide
,1110 dc» 7>la»u»en zu rette», (Er ueuut fich
daher anch in der Folge: dc» Aciic-lls seines
Gottes,) Ja seine Ensebie geht so weit, daß,
nachdem ic»cs Nctt»»gs!vcrk vollbracht, er doch
Anstand nimmt, zur Geliebten zurückzukehren,
um nicht die Hand, die das Verühren seines
l ,'!!,> ,ichciligt, unmittelbar darauf durch irdi-
sches Tun zu entweihen, Donna Gracia fühlt
sich beleidigt und heiratet den König von
Sizilien,
Nie Königin gibt ihrer Muhme, die gleich-
falls in Ton Luis verliebt ist, eine Ohrfeige,
und dicfe, ans Nache, verrät dem Könige die
Anwesenheit des ehemaligen Liebhabers seiner
Frau, Ner König ist im Vcgriff, den, Ncbcn-
duhl.-r verbrennen zu lasse», Ta nist eine
Stimme: so rette ich den, der mich gcictict,
und Tun Luis >,,ch Erispin verschwinden durch
die Lnft, 3ie lmnmcn gerade zu rechter Zeit
uach Barcelona, um die Franzosen zu schlagen,
die eingefallen sind, Ter Kronprinz bleibt, der
rcqn'rcuoc c"!>is niidt aus Gram, Ton Luis
solgt ihm »aN, usw,
V^1 »ouaäa le eufuäau eumplimeutoz:
TaZ P»b!ilii», liebt keine Weitläufigkeiten,
Vrga, köuute »>,ni al> Motto über alle seine «omüdien sehen. Sei» P»dli!»m wollte keine
gen; die Situation uud ihre interessante Durch-
führung war alles, was sie verlangte», und das
Es schwebt ein eigenes Unglück über Lope
de Vcga, Na ist diese in^I e232lla, Tie erste»
beiden Akte so schön, der Tialog so vortrefflich,
vollkommener Unfinn, daß der letzte Schmierer
sich dessen schämen würde. Alles Folge seiner
Vielschrcibcrci und Übereilung, Aber unbe-
schreiblich ist der Zauber dieser beiden ersten
Akte, den ich mit nichts vergleiche» kann.
Ich schäme mich fast, niederzuschreiben, daß
das Stück mit Ausuahme des dritten Attcs mich
sehr unterhalten hat. Ich schäme mich, dc»» es
kommen darin so unerhörte Grausamkeiten vor,
— Ein Großvater, der seinen Enkel ermorde»
läßt wegen eine Traumes, der ihni Gefahr
tragter den Auftrag nicht vollzogen habe, dicsei»
sein eigenes Kind zum Esseu vorsetzt — also
diese unerhörten Grausamkeiten haben mich nicht
a/stült, weil die Sache dadurch in die Neihe der
nnd der erste Akt, wie bei Lope alle ersten Akte,
so gut, daß es mir ein Vergnüge» gemacht hat,
Love hat nicht einmal allen Vorteil aus der all-
bekannten Fabel gezogen, sondern begnügte sich
mit beliebten Knalleffekten abzufinden.
Das ist nun eines von Lope de Vegas guten
Stücken, Tie Charaktere bis auf das Ungc-
licgt, vortrefflich gehalten. Namentlich dieser
Herzog Arnaldo, Auf diese Art die Mitte
zwischen Güte, Schwachheit und Ehrenhaftigkeit
zu halten, ist nur den, wahre» Dichter gegeben,
schauung mit den gegebenen der Figur zu»
sammcn, Tie Herzogin kaun von vornherein
mit der Phädra in die Schranken treten, später
wird sie uus zum Scheusal; war es aber uicht
vollen Rechte galt? Ter schwächste ?eil, Leonora
da, wo sie von der äußersten Heftigkeit über
das verratene Geheimnis ihrer Liebe, so daß sie
sogar ihr Kind zu tuten droht, um ihrem Gatten
wehe zu tun, ein paar Szenen darauf, ohne er-
klärenden Zwischenfall, ganz gefaßt und manier-
lich wieder erscheint.
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik