Seite - 282 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Bild der Seite - 282 -
Text der Seite - 282 -
282 V, Studien.
zog will ihm sogar die eigene Geliebte abtaten,
da er eine Neigung für sie bei ihm vorausseht.
Ebensogut gehalten die schöne Müllerstochter,
Läsars eigentliche Leidenschaft, Ter Scherz mit
den unmöglichen Bedingungen, die letztere ihren
ländlichen Liebhabern setzt, wohl zu weit ge-
trieben, Ter zweite Alt erhält sich noch bis
auf EäsarZ Entschluß, sie ans dem Vaterhause
zu raiiben und, nachdem er sie genossen, m,',
seinem Hausverwalter zu vermählen. Es fehlt
uns an einem Anhaltspunite, um die Gesinnung
jener Zeit zu beurteilen, die die Heirat eines
Adeligen mit einer Bäuerin für etwas halb Un-
denkbares hielt,
Laura wird geraubt, geschändet, Ter Vater
wendet fich an den Herzog, der in die Mühle
und von da in Eäfars Landhaus fommt. Tiefer,
mit dem Tode bedroht, heiratet nach nvnich^
Weigerung das arme Mädchen, wo es denn ziem-
lich kindisch ist, daß unter die Gründe seiner
Einwilligung auch der gehört, daß der alte
Müller mit dem Herzoge an einem Tische ge-
speist habe und also dadurch gewissermaßen ge-
adelt sei.
Tas ist nun wieder ein Stück, welches seine
VcdeutunZ erst durch einen in der Mitte auf-
tauchenden, inhaltreichen Umstand erhält, Tort
nämlich tritt hervor, daß der Manrcntöuig Är-
golau, eine prächtige Figur voll Tapferkeit und
halb barbarischem Stolz, sich um des Herzogs
von Medina Tochter Tonna Maria nur bewirbt,
weil ihm gcweissagt worden, daß, wenn sie sich
einem Könige vermähle, ihr Sohn die Mauren
aus Spanien vertreiben werde. Er gönnt sie
daher seinem Freunde, dem Grafen Ton Pedro,
eben deshalb, weil er kein König ist und daher
die Prophezeiung durch ihn nicht in Erfüllung
gehen könne, Ta erscheint aber im letzten Atte
der König von Äragouie», nachmals Vater
Ferdinands des Katholischen, wird als Beistand
zur .Hochzeit gebeten, verliebt sich aber in die
Braut und heiratet sie selbst, daher der Titel:
ei Marino äe3po82äv' der Beistand als Bräu-
tigam,
Ter erste Akt macht sich ganz vortrefflich.
Im zweiten Akte tritt eine ziemlich unwahr-
scheinliche Verwickelung mit einem an die falsche
Adresse gelangte» Briefe und Ring auf, der
an die von Tun Pedro ausgeschlagene Schwester
Tonna Ines gelangt, indes er der geliebten
Tunna Maria bestimmt war. Es wird nicht
recht klar, ob Tonna Maria den Grafen nur
ihrer in ihn verliebten Schwester zu Gefallen
llusschlägt, oder ob ihr der abgeschmackte Ton
Luis am Herzen liegt, dem sie die leidenschaft-
lichsten Vorwürfe macht, als er den Ring, den sie
ihm gab, an den Grafen im Spiele verlor,
Nei Schluß wird für unsere Empfindung
widerlich, teils weil sich der König so Knall
und Fall in Touna Maria verliebt und trotz
seiner Verpflichtung als Beistand leinen Augen- dlitt auslebt, sie dem grasen wcauinelniien, u,ls
wegen des bei den Spaniern io I,m>>,,i vm^
tmumenden Umtausches der l^'Iicl'ie,, ?an d,'r
in einer Zeit und bei einem '^ 0>l>' c>!l,n>>>>>,
wo die Liebe nur Sache der Sinnl,>!'!,',! >md dcr
^>,>i,,!,isic war, die Elie ader wie eiu Geschäft
uach Nutzen und Vorteil abgeschlossen n>n>!^.
Auch hier hatte Lupe dc Vega, wie aus
mehreren Stellen deutlich wird, ciue Romanze
vor sich von einem Weibe, das an der Spitze
Gegend furchtbar machte. Nach spanischer Art,
dic die ästlietische Abschätzung vou der uiorall.
scheu beinahe völlig trennte, weroen nun die
Greuel dieser Räubcrin nui-> ,,>>,->'>.!',>> ül^r.
trieben, Hausen «,'mi (nnundeteu, W>'.,, >l!,z. -
rung aller Art, Haß gegen da^ Ä'änne>,,>'NN>, ,!>!,
das alles kommt tcil^' in ^i^ililnng, teils in
als Weib und Gattin zurückgeführt ,
konnte, was zuletzt denn doch wirtlich ,
Ein Umstand erinnert an Ealdrrous clevucion 6«
I2 ^ru/,, der nämlich, daß die Ränberin, als ein»
^immeutinng mit dem Guten, zu jedem
Ermordeten ein Kreuz setzen läßt, so das; (5al>
vielleicht ans dieser Scrrana geschöpft haben
könnte, nnr daß letzterer, abgesehen von dem
Unterschiede zwischen Mann nud Weib, a>,,>, d> ü
Verlauf der Handlung unendlich gl'i>!m!tci ,11,^
legt, da sein Euscbio erst durch die V >^>
der grauenhaftesten Ereignisse zu dem Räuber,
bandwerle und all jenen Greueln getrieben wird,
indes bei Lope die ersten zwei Alte eine voll»
tmnnien heitere Lustspiclucrwu'lelm,,, >n
und Leonardas Eifersucht am Schlüsse des
zweiten, höchstens ihre Flucht aus dem Hause
ihres Bruders rechtfertigt, keineswegs aber das
lannibalischc Wüten im Neste des Stückes er»
Leonardas Charakter ist von vornherein
komisch ganz gut gehalten, Ihre Lust am leiten,
Fechten und Jagen, Ihr männliches Wesen,
das sie besonders zeigt, als sie einmal die Türe
zn schließen befiehlt, um ihre beiden v.-rnieintcn
Nebenbuhlerinnen durchzuprügeln. Aber zuletzt
überstürzt sich alles.
Ein Bild von dem erbärmlichen Hofwescn
jener Zeit gibt übrigens die Entwickcluug des
Stückes, wo eine von Leonarda verschonte Neben-
figur des Stückes, Ton Ina», durch ciue Ver»
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik