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316 V. Studien.
Edle und Große hinstrebcnd, wie er denn von
der Darstellung ernster Charaktere nur durch
rückgeschreckt wurde, und uun genötigt, den
Lustigmacher, den Hans Narren zu spielen,
Alitten im Jubel des Beifalles sicb wabrscbeinücb
selbst verachtend über die Versündigung au
tief untcc diejenigen stellend, die er nicht c,,,,nal
als seinesgleichen anertennen konnte, Eelbst
der MisanUiroP fiel durch, als nicht pndelnärriscl,
genug, Mußte sich da nicht eine Feindseligkeit
gegeu die gesellschaftlichen Zustände ansehen?
Ich denke hier an Raimund, der, obgleich tief
unter Moliörc stehend, doch hierin eine Ä>!,,!,cl,
leit mit ibm hatte. Wie nahe Molitzie der
das Zeitalter und vielleicht der überlegeue Ein-
fluß sciucs Freundes Boilean znriictsclneclie,
zeigt nebst einzelnen Stellen in allen seinen
Werken vor allem das kleine Vriichstück: Mali-
certe, Ter Monolog der iöeldin im zn'eiten '.'IN
zeugt von einer seine Zeit weit überflügelnden
Empfindung, wie sie selbst bei Racine sei Mi
Ob nicht der Name Tartuffc von dem aus
Scherz dem Teutschen nachgeahmten Worte- Nei-
'ImiN oder U»r leult (der Teufel! herkommt,
dessen sich die Fian',c'!en nc>ch !,cnt.' !vie! V»8 iz
623, Lourerout, I2 lFekIll^ue, bedienen, Tie Ver
wechslung von I) mit I ist ebenso natürlich, da
sie die Teutschen überhanpt wegen ibrcr liaiten
^lnosprac!,e der weichen Buchstaben auch beini
Französischreden lächerlich finden.
Vs ist niertivüldig, wie in den frühesten
Stücken Molares die Empfindnngspoesi^ !>er
vortritt und erst später der Verstandcspoesie
dcu Platz räumt, z, V, in dem freilich etwas
weiblichen Ascngnc, Tas hing ihm wohl »och
von den Tpauicrn an, sowie die Vufsouerie von
den Italienern, Vielleicht hat erst die Bekannt
schaft mit Boileau und der Vorgang der da-
maligen Tragödie den streit zugunsten des
Stils uud der Reflexion entschieden.
Noufseau.
Ich lese Nousseaus c^>r>te83ion8 und erschrecke,
darin mich selbst zu sehen.
Augen springend ist hier dieser Gegensah,
Mit welcher Naivität Nonsscau von sich selbst !wmme8. Tas Gestand,,,> 1',.,,'m',' ,",'M.r n,^
von seiner Voitressliclileit so übel^ngl ist, n!>
^k'njsean es war, Sie vertreten dann blc'ü d,i'
^>^!!,' des Schattens im l^einäldr un.'
das Vild statt es zu entstelle,, >!,ut„ !>at einen
!l von dieser ^elbslschincicl'rlei,
würde sich Rousseau ^wnndcn Iiabcn,
wenn ihn jemand den vollkommensten Egoisten
genannt hätte, der jenial? gelebt?
nur die Zdeeu liebte, die er mit ünen Per
sonen in Verbindung bringen tonnle, nie aber
die Personen selbsti der daher ancb leinen eigcnt
bloß weil sie der Än>sii!nn,,g seines einnial
ge,nacl,ten ^eben^plancs im v^egc- standen, nnd
ancl! in der /volge ,,,it gleiclicr .>>av!e iiber il,r
^clnclsal ganz nnbe!>i,nn,ert blieb; der, nm nn
li>,,,>ri zu !>!>,, da^ Ä^e,b, das ihm su ,
>oar, als Maitresse hielt, statt sie dnrch dcu
Namen seiner "vrau glncllut, zn inacln'i,; d^r eung
sicl, als den Mittelpunkt der ganzen Tchöpfuna,
alles, was um ihn geschieht, als seinetwegen ge-
schehen betrachtet, und wenn ein Erdbeben oder
ein ,äi, ansbrecbender Vnltan i>,n im Abreiben
gesiml hätte, darin ein «c'inplolt gegen seine
er lieber gänzlich auf sie Verzicht tat; der die
Welt verachtete, weil er uicht iu ihr zu leben
verstand^ den Ton der Gesellschaft, weil er fich
,!>,! nicbt aneignen lonnte; der die Einsamteit
allein ihn ans der Welt interessierte, fich felbst
nämlich, feine Gcdanlen, feine Emvfindnngen,
Wenn ihn, nnn das jemand sagte, sich aber in
allcdem zugleich als seinen Nrudcr anliindigte,
was würde er antworten? Nie hätt' er's ge-
glaubt, uud doch ist's so; ist so, ohne das;
se,ne^>edanken beher, >,! ,,,, " >,ischen, Rousseau
erst aus jene», oder vielmehr bluß aus jeueu.
Was ihn« leiu Feld für seine Ideen bot, da
empfand er auch nichts, wie z, V, gegen feine
er daher entfernte. Nie Hot er über sich ein
wahreres Wort gesprochen, als wenn er sagt:
liegt der Schlüssel seines Lebens, Wenn man
sich seinen Gedanken, zumal in der EinsanitVil,
ganz hingibt, so verschlingen sie die ganze Welt,
bar ist, uud bleibcu zuletzt allein mit dem,
der sie trägt, in einer wcsen- und ficudcnlofcn
Wüste.
Das zwölfte Buch von Nousscaus Kon«
fessionen tönimt mir auffallend verschieden von
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik