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346 V, Studien,
um wieviel und worin der Kreis der Mi,fit
weiter ist und worin enger i wie verschiede,! die
'Art ihrer Wirtuug ist, bei der Musik zuerst als
Sinn- uud Nervenreiz, nur mittelbar den Ver-
Wie die Mnsik als eine, für ficli bestellende >!nnst
ihre eigenen, an Regeln gebundenen nnd in ihrer
eigene» Wesenheit gegründeten Bedingungen
habe, die sie niemanden, auch der Poesie zuliebe
nicht, aufgeben tann uud darf; daß sie, wenn sie
ein Thema anfgefaßt hat, es organisch ausbilden
und zn V'nde führen nmß, die Poesir mag anch
vielmalige Wiederholen einzelner Worte nnd
Tatze, ja oft ganzer stellen, znin großen Slan
dal dci Ticliter nicht anfgeben luollen,)
Rls Grundsatz gelte: steine Oper solle vom
Gesichtspunkte der Poesie betrachtet werden —
von diese,n ans ist iede dramatisch innsika
Iische »onipofition »nsinn — sondern vom Ge
jichtspnntle der Musik: als ein mnsüalijcheo'
Bild mit darnnler geschriebenem, erklärende,n
geht, vorausgesetzt, das; wir nninlich eigentliche
Ballette hätten und nicht Ganllersprünge,
LZ wird keinem Opernkompositenr leichter
in Kollision tönnnt. ^edcs eigentlich melodische
The,na bat nämlich sein inneres Gesetz der Bi!»
düng uud Entwickelung, das dein eigentlich musi-
kalischen Genie heilig und unantastbar ist, nnd
das er den Worten zu Gefalle,i uicht aufgeben
kann, Ter musikalische Prosaist kann überall
anfangen uud überall aufhören, weil Stücke nnd
Teile sich leicht versetzen nnd anders ordnen
zelnen Fällen entschuldigen, ja rechtfertigen, Ta
her ist Nofsinis kindisches Getändel duch mehr
wert als Mosels prosaischeVerstandrsnachäffnng,
welche das Wesen der Musik zerreißt, nm den
hohlen Worten des Tichters nachznstotlerni da>
den Tert vorwerfen, Glucken nie; daher ist das
so gepriesene Charakteristische der Musik häufig
ein felir negatives Verdienst, das sich ^
darauf bcschräukt, daß die Freude durch Nicht«
traurigkeit, der Schmerz durch Nichtlnnigteit,
die Milde durch Nichthärte, der, Zorn dnrcl'
Nichtmilde, die Liebe durch Flöten uud die Ver-
zweiflung durch Trompeten und Panken mit 'bligaleu Contrabässen nnsgedrüclt N',>e>, ?>'r
Situation mnß der Tunsetzer tren bleiben, l>> n
^!vo>tcn nicht: wenn er bessere in >Vim'v -">>,,,i
indct, so ,nag er immer di>' d, - ?,>,>> n>,'er
gehen, Ties fülirt uüeder ans den schon öfter
'emerkten llnterfchied zwischen Singspiel nnd
^pr. Im ersteren inwzn sasi alle ^!>c>,i i> .>
unhrhaft großen l^luck gehören) dient d>,
i, in der zweiten ,st der Text die linier-
christ des mnsilalischen Bildes,
i'ie ^^,,j,i i,, l^ ^^ ^^,,^- nnr da, un> das
msgedrückt hat, dann laßt mir die Töne weg,
ch will die Worte des Tichtero allein lesen,
)cnu die Musikbegleitung N'äre in diesen, F.ilic
denn doch uur ein ,>lnnslstnck, ein Ganlleruer»
N(1>, mit anderen, scheinbar nnznreichenden ?ar>
"ieUnngsmitteln das zn erreiilien, n^as der andere.
reicht hat, 57der soll dadurch der (lindem! d>s°
Gedichtes verstärkt lverden? Tas mag !
)ichten gelten, die keine sind, wie z, V, bei
italienischen ilpeintexteni dann aber eu!l,ali>t
euch von eigentliche,! Tichlerwerlen nnd hört
Nagen, daß nnr schlechte Tichler ench
Teill>iil!,er ,nacl,en ,vollen, '.'ll,,r das alles >si s
i n , Tämtlichr >!iinsle, ,uen,,gleich aus ge>
bövt, sängt die ^iusi! an. Wo der Tichler keine
Worte mehr findet, da soll der Mnsiter mit
einen Tönen eintreten. Wer deine «raft lennt,
Melodie! die dn, ohne der Wortertlarnng eines
Pegrisss zu bedürsen, nninittelbar ans dem
Fimmel, durch die Brust wieder znm ^im,nel
zurückziebst, wer deme >iraft lennt, N'ird die
Musik nicht zur Nachtreterin der Poesie machen:
Manncsalter verdient vor der Kindheit), aber
er wird anch der ersteren ihr eigenes, unab-
hängiges Neich zugestehe,! uud beide wie Gc»
schwistcr betrachten und uicht wie Herrn und
Knecht, oder auch uur wie Vormnnd nnd
Mündel,
gegen anch von einem dramatischen Gedichte
eine musikalische Wirknng begehren (d, i. Wir»
kuug mit blinder Gewalt),
Mein Herr!
Ich habe die Ouvertüre znni Tannhänscr go
hört und bin cutzückt, 3>eis>t das: gegenwärtig,
denn während des AnHörens taten mir die,
Obren ziemlich weh. Ich bemerkte aber gleich,
daß es sich hier nicht um eiu Vergnügen für das
Ohr, sondern um den Sinn nnd die tiefere
Bedentnng handle. Über diese Vedentnnq waren
übrigens ich uud eiuige nelxn mir fitzende >!nns:<
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik