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Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Seite - 382 -
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382 VI, Viograplnfclicc-, mir dieses Sprachfehlers, im Gegensatz meiner verwandten, die ganz unbefangen plauderten, und sogar Komödie spielten, volltominen bewußt, legenheit geriet, so oft mich jemand Fremdes nnfprach, und daher leden folcln'n Anlaß ver mied, sowie nur aucli niein Name so häßlich vorlcnn, daß ich mich erst spät entfchlicßen konnte, ihn meinen Stücken anf dem Theaterzettel bei^ setzen zn lasfen, Tiefe Vorgänge in dem ,vc>!,se meiner Gro>> nintter find übrigens ans einer früheren Zeit nachgetragen. Als Gnmnnsiast trieb ich meine Studien fo, das; ich eben leidliche Fortgangs» zcngnisse erhielt, Erst in der eisten Hnmani- tätstlnsfe sollte ich eine» nachhalligen Anstoß bekommen Unfcr Profeffor, ein alter Exjcfuit, namens Walpcrt, belinudeltc mich fo gleichgültig, >:>ie feine Vorgänger, Ta fällt es ihn: einmal ein, uns über Sonntag e,nc rednerische Aufgabe >n deutscher Sprache, behandelnd „die Vcrgäng- lichkeit der Zeit", zu geben. Taß die Zeit ver- gehe, wußte ich wohl, was aber weiter davon zn sagen sei, kam mir nicht in den Sinn, Tn besuchte mich am Souutag Morgen ein Schul kamcrad, der eiin-n Hauc'lclner iiatte, und das Schnlpensnm schon reinlich abgeschrieben in seiner Rocktasche trug. Ich ersuchte ihn, mich es lesen zn lassen, Er aber sürchtcte, ich möchte l'- abschreibe», und ließ mich nnr i» die An- fangsworte hineinblicken. Ta stand nun: Wo isi Cäsar, !vo ist Ponipcjus hingekommen? Mir ging ei» plölUndeo ^ic!,t aui^ was sich über die Vergänglichkeit der Zeit sagen lasse. Ich dränge ih», fortzngchcn, fetze mich nieder und fchreibe in einem Zuge ohne Korrektur^ eine Ausarbeitung, die des uacl'steu Tages in der Schule als die zweitbeste nnertannt wird, Tas beste, oder nach dein Schnlansdruckc zu reden: das erstbeste der Elaborate war das eines gewisfen Meiller, der fich nun einmal im Vcsitzc des Vorrechtes befand, in ollem der Vcste zil sein, Er war der Sohn eines Müllers in Ncuntirchen, und da er anfangs feinem Vater in bcfscn Ge- schäfte an die Hand ging, trieb ihn erst fpät seine Neigung in die Stuoien, Er war daher viel älter und viel gereifter als wir, damals schon nahe an feinem zwanzigsten Jahr, Tcr Hauplliortcil meines Schulerfolgcs war nun, saß, anfing, Uon mir, dem Jüngsten der Schule teren Bänke, Notiz zn nehmen, Wir schloffen uns bald nah und näher aneinander an. Sei» Einfluß auf mich war höchst vorteilhaft, be- sonders da er mein früher nnzusammenhängen- dcs Wefen zur Linkehr in fich felbst triel^ nnr daß, aus einer mir angeborenen Neigung zum Gegensatz, sein Ernst mich in eine Lnstigteit warf, die mir früher fremd war. Als wir uns daher fpäter mit Poefie abgaben und er ein Trauerspiel ans der römische» Geschichte uc» faßte, schrieb ich ei» Lustspiel, in dem unsere Professoren mit ihren l',s zur >:,n,!ainr ge- :>!l b> Nl',1 ^iqe,,!>,!.!! die ^N'lle der U!i,i!n,I ' fpielien. Wir zn boren I> Vorderhand aber blieb in der Schule alles, wie es fruliei !, ^leiß wnrde iiicht ,.ld uergejsen, und Professor ^-mp^i >',,ib sich mit mir aller» für die Geographie auobilden wollte. So gelauqlci, wir in die letzte Hnnuinil>!l>> > Ilasse, in die „Poesie", luie wir sie nannien, , Auä> da ging cc> so ziemlich in, alten Tone. Als ich zerstreut, wie immer, und die aufgezeichnele >,e den >>iameter denllich niachen foü! ,,,ir Iiöchsi ,un,idcrlich oor. Meine erste Probe fiel daher fehr unglücklich ans, Wir bekamen nämlich als Aufgabe zerbrochene dentfil!. mctcr, von Zachariä glaub' ich, nm fie zn- fam,,ienz>,sci)e» nnd wieder einzurenken, Ich, flellnng hatte, als daß fich die Verfe reime» inüßten, setzte die n,,ssl!ickscligen ider.nneler nach dein beiläufige,l Der Schlußworte ,;„- famnien, nicht ohne Nhythmns, aber olnie ^p,,r Uon Metrum, Juni Überfluß kam noch in c>er diktierten Aufgabe ein Wort vor, dem ich kein Verständnis abgewinnen konnte, nnd di'sfe» >,> r tlärnng in der 3ä>ii!c ich überhört hatte, ^m Tempel des Schlafes nämlich stand „der hojah- ncn" (das <^>al!neu> Wache, Ich glaubte, salfch gehört zu haben, nnd machte aus dein Hojahne» unbedenklich ,^uhlnnen, >mc man bei nns das Vort lllane» auofpricht, fo daß au der Schwelle des Schlafes die Wache der Ulanen postiert war, ! was allerdings so lächerlich ist, daß ich noch jetzt nicht begreife, wie ich darauf verfiel, Tiefes l entstand den» auch wirklich des ander,i Tages m der Schule, nnd unfcr guter Profeffor Stein erklärte ol,ne Änstand, daß unter allen i>,en Schülern ich das wenigste Ohr für bätte. E> !au> bald eine Gelegenheit, die ihn eines Vefsere» über^euqen tonnte. Wir bekamen über Sonntag die Aufgabe, deutsche Verse, ein Gedicht über einen beliebige» Gegenstand zu machen. Also ein Gedicht und worüber? In Geßnerischer Prosa hätie ich „ml, über jeden Gegenstand ans. schütten könne», aber ei» Gedicht und worübci? Ich »erbrachte den ganzen ^onntag in frucht» lus,'in Ncichfiiüieu oder vielmehr iu gedanken- loser Stumpfheit, Es wurde Abeud, und ich hatte noch keine Feder angesetzt. Allein zn Hause geblieben, indes die übrige Familie auf einem Tpnzicrgangc war, lag ich im offenen Feilster von meines Vaters Kanzlei und starrte hinans in die wunderfchöne Nacht, Ter Mond in ieinner ^eindeit stand gerade über mir, Ta
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Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Titel
Grillparzers sämtliche Werke
Untertitel
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Band
II
Herausgeber
Rudolf von Gottschall
Verlag
Hansa-Verlag
Ort
Hamburg
Datum
1906
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.2 x 15.9 cm
Seiten
552
Schlagwörter
Dramatik, Literatur, Gedichte
Kategorien
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Inhaltsverzeichnis

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
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