Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Seite - 395 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 395 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II

Bild der Seite - 395 -

Bild der Seite - 395 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II

Text der Seite - 395 -

VI, Biographisches. 395 jctzt schon her, Nas Hauswesen des Grafen hatte sich in letzter Zeit dnrch eine Nichte ver- mehrt, die, bis dahin im Kloster erzogen, nun von den Verwandten zu sich geiwmmeu wurde, ein äußerlich uicht gerade bevorzugtes, aber herzensgutes, heiteres nud unter dein verwandt- schaftlichen Truck bitter leidendes Frauenzimmer, Wir sahen uns natürlich oft, aber ohne beson- dabei. Als ich nun zn meiner Mütter gebracht wurde uud mau im gräfliche» Hause von der Armut derselbe» sprach, vermischte die etwa sechzehnjährige Komtesse »och von ihrer Kloster, lektüre her, die Armut mit der Bcttelhaftigkeit, packte ihren kleiue» Schmuck zusammen und gab ihn il>rer >la!umeri»»gfer, die ihu heimlich, nnd ohne Zu sage», von wem, meiner Mutter über- bringen sollte, Nie Kammeriungfer faud die Sache bcdenllich, fragte sich bei dc,» Grase» au, der polternde» Gegenbefehl gab und, da er fich eiue solche Großmut ohue besonderes Motiv gar schloß, das weder von feiten der tleiueu Gräfin, noch vor allem von der meinigen je und irgend bestand. Inzwischen beschäftigte ich mich, ich hätte bald gesagt: eifrig, in der Hofbibliothek, Von durchaus gutmütige Leute, benahmen fich nngc- fähr wie die Invaliden in einem Zeughnuse, vor, verwendeten die spärliche Dotation zum Antmif nller gedcnlbaren Anflagcn der alten Klassiker und hielten die verbotenen, das heißt alle neneren Vüchcr nach Möglichkeit fern. Von bibliothekarischen Systcmalavdeiten war gar nicht die Rede, Tas war nnn gerade mein Ge- schmack, Ich las und studierte, was mich selber lom»i»il»g im Griechische» am .Herzen, zu dessen Betreibung ich nnd mein danialiger Kollege sein, begaben wir uns i»s Mannskriptenkabinett der Bibliothek und lasen, uou alle» .Hilfs- mitteln umgeben, die griechischen Autoren, Anstalt, ei» widerwärtiger Illiterat, eben ein tznnd beim Heu nach meiner obigen Bezeichnung, davon Nachricht delam u»d, ohne Lust und Fähigkeit, felbst ein Manuskript zn benutze», lichc (ioicrung durch einen anderen empfindend, nns den Eintritt in das Mannskripte»iabi»ett zn der ich den Grund schon früher gelegt hatte, nnd die von dem wesentlichsten Einfluß auf >,ieine künftige Laufbahn werden sollte. Ich war von jeher der Überzeugung, daß nia» eine» Tichter nicht übersetzen könne, Trotz meines Ml'chten Gedächtnisses, hatte ich mir daher, außer den beiden alten und der notwendigen französischen, anch die italienische uud englische Sprache angeeignet uud, durch Berluchs Uber- eyiiiig des Nun Qnixote nnd seine Änßernngc» über die spanischen Tichtcr ansuierlfam gemacht, noch in meinen frühesten Zeiten mich auch mit dieser Sprache beschäftigt. Es war mir eine fallen, fo uralt, daß sie selbst der Sprache Lope dc Vegas und Ealderons vorausging nnd ich pätcr die aus ihr gelernten Formen wieder um- lerne» mußte. Aus Geldmangel konnte ich mir zwar der ganze Buchstabe H, fehlte, der aber dafür um einen Gulden Papiergeld käuflich war. Mit dicfcm Rüstzeug war nicht viel auszurichten, Na erschien Schlegels Übersetzung einiger Stücke 'derons, von denen mich besonders die An- dacht zum Kreuze anzog. Für so vortrefflich ich die Übersetzung Shakespeares von demselben ^chriftsieller anerkennen mußte, ebenso maugcl- derous, Naß ein Tichter, dessen Schwnng bei- nahe die Poesie selbst überflog, sich nicht iu so steise,i und verrenkten Phrasen bewegt haben könne, war mir deutlich. Nie Hofbibliothek byt alle Hilfsmittel dar, ich warf mich daher auf zu bohren, wo es am dicksten war, unmittelbar aufEalderon, Tamit ich aber über die Schwierig- keiten nicht zu leicht hinansginge uud genötigt Tranni, nach Entzifferung jedes Absatzes, so- gleich in deutsche Verse, ja, nach Vorgang des Originals, in Ncime, H i^e lange ich mit Studium der Sprache im Auge, die wunderliche Mannigfaltigtcit aus allen Ge- schmacksrichtungen, die dem Publiknni dargeboten ()'r meint, er heiße Wc»dt, oder ähnlich. Nun wnßte ich, daß es einen Professor Wendt in Leipzig gebe, dem man eine solche Übersetzung wohl znlraucn konnte. Im Verfolg de>ö Ge- spräches bemerkte ich, daß ich das Stück wohl kenne und zum Teil selbst übersetzt habe. Der Freund wüuschie, meiiie Arbeit zn'lese», was ich denn endlich auch zugebe. Nach ei» paar Tage» kommt er, mir zu melde», daß meine Übersetzung nicht nur ihm selbst, sondern anch dem Redakteur fie mitgeteilt, unendlich gefallen habe und letz- terer mich ersuchen lasse, ihm wenigste,,? die ersten beiden Szenen znm Abdruck in seinem Blatte zu überlassen.
zurück zum  Buch Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II"
Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Titel
Grillparzers sämtliche Werke
Untertitel
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Band
II
Herausgeber
Rudolf von Gottschall
Verlag
Hansa-Verlag
Ort
Hamburg
Datum
1906
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.2 x 15.9 cm
Seiten
552
Schlagwörter
Dramatik, Literatur, Gedichte
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Grillparzers sämtliche Werke