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Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Seite - 433 -
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VI, Biographisches. 433 gcsallen, daß Sie alleiniger Besitzer desselben zu sein wünschten. Ich fragte: wie das zu verstehen sei? Nie Antwort war: ich sollte me,n ursprüngliches Manuskript abgeben, den: Thealcr würden die Soufslenrbüchcr und ein- zelnen Rollen abgefordert und das Ganze in d,r Privatbibliothct des Kaisers aufgestellt wer- den, der alleiniger Besitzer des Stückes zu sein wünsche, weil eS ihm gar so gut gefallen habe, ',Vian werde nur jede» Vorteil ersetzen, der mir ans der Anfführiing auf anderen Vühueu oder aus der Drucklegung zufließen tonnte, cs wäre vielmehr die Meinung, daß ich in meinen Forderungen nicht allzn ängstlich fein sollte; Seine Majestät feien sogar zu Opfern bereit. Auf meine Entgegnung: man werde mich doch nicht für fo erbärmlich halten, das; ich eine meiner Arbeiten für Geld vom Erd- boden verschwinden lafsen wollte, erwiderte man mir: die Frage ob? wünschten Seine Majestät ganz außer der Verhandlung gelassen, es handle sich nnr um das Wie? — Ich führe das alles wörtlich genau an. Da man mir mein Stück im Notfalle auch olnie Einwillign,lg wegnehme,i konnte, dachte ich anf Auskunftsmittcl, Ich sagte daher der Wahrheit gemäß, daß ich gar nicht Herr über mein Stück sei. Ich selbst hätte mein Mauustript abschreiben lasse», beim Theater sei es wieder- holt kopiert worden. Jedermann wisse, daß die mit der Kopiatur betrauten Souffleure der lich genommenen Abfchriften trieben, Tcr Kaiser könne sein Geld ausgeben, ohne daß das Stück, und zwar ohne meine Schuld, der Öffentlichkeit entzogen werde. Ich sah, nut welcher Freude mciu Stücl erlaubt, als gegen mich felbst, dcr es geschrieben hatte, »erborgen lag. Er forderte mich auf, diese meine Bemerkungen schriftlich aufzusetzen und ihm zur weiteren Beförderung Das geschah. Ich setzte meine innern nnd jene äußern Gründe auseinander und übergab nachfragen wollte, wurde ich nicht mehr vor- gelassen, indes man mich vorher mit Zuvor» t0!N!uenhcit empfangen Hatte, Nie Sache war eingeschlafen, Tas Stück wurde noch ein Paar- es für den Druck einreichte, erhielt ich das Imprimatur, ohne daß ein Wort gestrichen wor- Vac> dem Kaiser an diesem bis znm lluer- maß layalen Stücke mißfallen, oder wer i!,m, nachdem er es selbst mit Beifall angesehen, eiwas darüber ins Ohr geseht habe, ist mir bis auf diesen Augenblick ein Geheimnis ge- blieben, Personen, die, ohne zur nächsten Um- gcbnng des Kaisers zu gehören, doch mit dieser «rMplllzeiö IcimN chl' ^cile, I I , Umgebung gcnan bekannt waren, haben niclns darüber erfahren tonnen. Nur so viel weiß ich, daß der Polizeipräsident selber völlig im Nuntelu war, woher auch seine Verlegenheit entstand. Wie viel in dem ganze,i Vorgang Aufmunterung zu künftiger Poetischer Produl- tion lag, überlasse ich jedem zn beurteilen. Bei meiner Zurückkunft aus Teutschland Arbeit Gocthen zuzueignen, nnd decchalb unter- lassen, ihm, nach seiner Erlaubnis, zu schreiben. Als es nun an den Druck des treuen Dieners Ich unterließ daher die Nedikation, nnd da ich auch vorher unterlassen hatte, ihm zu schreiben, so mochte Goethe wohl denken, mein ich bewahren werde bis ans Ende meiner Tage. Er hat in der Folge dieser und jeuer in Schriften Um diese Zeit — ich weiß nicht mehr die sie nur an, um die Art und Weiie zn be- zeichnen, wie ich immer in meinem Vaterland?, behandelt wurde. Ich war iu meiner An- stellung als Ministcrial-Konziftist an die Person des Finanzniinisicrs augewiesen uud bezog in dieser Eigenschaft ciue jährliche Gehaltszulage. Nach dem Tode des Grafen Stadion tam ein neuer Finanzminister, ein gutaniger, recht- schaffener, aber höchst bornierter Mauu, eigent- lich nur ein Nameuc-iräger für den Vizepräsi- denten Baron Pillersdorff, der die Geschäfte leitete. Tiefer herzensgute Mann, der gegen jedermann wohlwollend war, hatte eine eigei« Abneigung gegen mich gefaßt. Ich weiß nicht, war die Urfache, daß ich in frülierer Zeit un- freiwilliger Zeuge der gcringschänigen Art sein mußte, mit der ihn sein damaliger Vorge- setzter, Graf Stadion, behandelte, oder war es der Nachtlang einer Polizcigefchichtc, die ich früher übergangen habe, jetzt aber doch als charakteristisch für die damalige Zeit an« In Wien bestand seit mehreren Jahren eine lustige Gesellschaft, die fich und ihren Ver- sammlungsort die, Ludlams-Höhle nannte, An- fangs höchst zufällig durch das Zusammen- kommen einzelner Literatoren in eiuein Gast- Hofe gegründet, fanden fich bald ohne Wahl Gefellfchafter aller Art ein, so das; das Ganze den Ehaiakter von niedriger, ja obszöner 3paß- macherei bekam, Tic Besiei.ii darunter änderten ihr Lokal, schlössen die räudigen Schafe aus und verfaßten fogenannte Staluteu, die uichts als die Abhaltung der Unanständigkeit be- 28
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Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Titel
Grillparzers sämtliche Werke
Untertitel
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Band
II
Herausgeber
Rudolf von Gottschall
Verlag
Hansa-Verlag
Ort
Hamburg
Datum
1906
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.2 x 15.9 cm
Seiten
552
Schlagwörter
Dramatik, Literatur, Gedichte
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
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