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Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Seite - 458 -
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458 VI, die Berechtigung in der Empfindung und nicht im Gcdanle» Suchenden der alten Nichtcr näher Zu bringen, Tie »eueren Nichtcr, so uortreff, lich sie fein niögen, hatten mir immer so viel Bcimiflimng von Prosa, so viel Lehr- und Ne- flerionsmaßiges, daß ich eigentliche Erquicluug nur iu der alten Poesie fand, wo die Gestalt n?ch der Gedanke und die Überzeugung der Bc- weis isl, Taiuit ist nicht jene alte Poesie ge- meint, die ienc Eigenschaften nur aus Unbc- liolfenheit und Unfähigkeit hat, wie die mittel- hochdeutsche, oder daß ich mich je vom Volls« lie.^.' aug^ogeu gefunden hätte, sondern jeue Tichter u'^reu es, die, init Talent und Geist begabt, als die Spitze einer an sich poetischeren Zeit jene Einheit abspiegelten, mit der das Leben sie unigab, uud die die neuere Zeit im Fort- schritt der Entwickelung — Uom Standpuulte der Pi'l'ia aus: zu iyrem Glücke — längst abge- streifi bat, Tie Griechen, die Spanier, Ariost und Shalefpearc irmren die Freunde meiner Einfamleit, und ihre Narstellungsweise mit der Auffassung der neuere,, Zeit in EiuÜaug zu bri,,geu, mein halb nnbe!r>ußtes Streben, Ta ich abcr init meiner Ansicht in den letzten zwanzig Hainen so ziemlich allein stand, so war es mir nicht möglich, die Anschauung immer lebendig und rein zu erhalten, um so weniger, als ich, durch die traurige Lage der Welt »ud meines Vaterlandes vielfach zerstreut und ge- Zuge vollenden tonnte, als für ein solches ^er sahreu nnler solchen Umstände» durchaus uot« weudig wäre, Ner nackle Gedanke mußte zu Hilie geruse,, luerden, der dann die Anschauung, sowie die Anschauung den Gedanken störte. Zwischen dem Anfang u»d der Beendigung des schändliche Geistcsdruck iu Österreich, den ich darum nicht weniger empfand, weil mir nicht jedes Mittel recht war, ihn abzuschütteln, „Hero nnd Leander", „Weh' dem, der lügt": zwei uaiu gemeint, sind nicht das geworden, was sie hätte» werden solle», n»d nach dein Porgange meiner früheren Arbeiten auch hätten werde» tonne», nnd ein paar andere Stücke in meinem Pulte werde», solang ich lebe, das Licht des priuziv fehlt, das »ur die Auschanuug gibt, uud der l'^oante nie ersetzen kann. Tamil will ich nicht mich rechtfertigen und meine Schuld auf die Zeit und die Verhältnisse schieben, Ein wahrer Tichtcr hätte sich über alles das weg- gefent uud einen Mittelpunkt in seiner Äe- gcisleruug gefuuden. Aber eine zu berühr- bare Natur, mit einer hypochondrischen An- lage und einem entschiedenen Widerwillen gegen die Öffentlichkeit, tonnte unter den gegebenen Umständen sich nicht viel anders nehmen uud fassen. Auch dabei ist keiue üeiu« tuerische Bescheidenheit gemeint. So fühle ich mich gegenüber dem, was sein soll, Gegeuübel' dem, was sonst in unsern Tage» ist, teuue ich meine Vm iüge selir gut, Mau löuute aber sebl.' gut der beste Tichter einer gegebenen Zeit und noch immer ein höchst unbedeuleudes Luli! fein Ich habe mich oft fehr nuzweideutig nud, wie ich felbst gestehen muß, sehr arrogau! u!'>'^ mein Talent zur dramatischen Tichtlnnst er- klärt, und dennoch ist es gewiß, daß i, vollkommen, weuigsteus nicht zu alleu über dieses mein Talent im reineu diu ein Fehler jedes wahren dramatischen Tichlers ihn vielleicht mir darum, weil ich wirt!,^ bin), ist es bloß mein Fehler, sage ich, daß alle ^zenen, i» denen keine heftige ^ei> herrscht, matt und unbeholfen sind, da hin» gegen die übrigen vielleicht zu feurig, zu heftig Geuies, od>r des gänzlichen Maugels an Tnleul, oder vielleicht nur eine Folge meiner Ingcnd und Flüchtigkeit, Ich muß bekennen, ich weiß es nicht, Iu Gones ^'amen, die Zeit wird Meine Äachahmnngssucht übersteigt allen Glauben, Alle meine Ideen formen sich nach In meinem ilopfe fieht's ans wie in Ungarn Rohe Stoffe im Überfluß, aber Fleiß und In» dustrie fehlt; das Material wird nicht vc» arbeitet. Es gibt unter den Schriftstellern Leute, wie die Fischangelschmiedc in England; aus aber geschlissen uud fein. Leider versteh' ich das nicht, 181«. Wenn eine Violinsaite gestrichen wird, so klinge» die Saiten einer daneben liegenden un- berührten Geige mit, Ävie, wem, ei» ähnliches großen Wirtuug der Musik wäre? Vei niir wenigstens liegt gewiß so etwas zugrunde, dcuu ich darf nur eiueu Ton huren, ohne noch Melodie zu unterscheide», so gerät fchon mein ganzes Vcsen in eine zitternde Vewcgnng, dere» ich nicht Herr werden kann. Mit einer eigenen, unendlich traurigen Emp- findung denke ich der Pläne, die ich einst i» besseren Tage» machte, Nenn ich mir jetzt die Idee, die mich bei der Ausarbeitung des Spartakus begeisterte, bedenke, so schandre ich, und es ist mir kaum begreiflich, sie je gehabt zu haben,
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Grillparzers sämtliche Werke Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
Titel
Grillparzers sämtliche Werke
Untertitel
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
Band
II
Herausgeber
Rudolf von Gottschall
Verlag
Hansa-Verlag
Ort
Hamburg
Datum
1906
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.2 x 15.9 cm
Seiten
552
Schlagwörter
Dramatik, Literatur, Gedichte
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Jugenddichtungen
    1. Blanka von Kastilien 4
    2. Wer ist schuldig, Lustspiel 72
  2. II. Gedichte 85
    1. Lebensbilder 87
    2. Liebeslyrik 105
    3. Reisebilder 109
    4. Aus dem Reiche der Kunst und Literatur 113
    5. Zeitgedichte 131
    6. Verschiedenes 144
    7. Aphorismen und Sprüche 155
      1. Selbstbekenntnisse 155
      2. Kunst und Literatur 158
      3. Zur Politik und Zeitgeschichte 165
      4. Lebensweisheit 169
      5. Albumverse 171
  3. III. Erzählungen 175
    1. Der arme Spielmann 177
    2. Das Kloster bei Sendomir 194
  4. IV. Satiren 207
  5. V. Studien 221
    1. Studien zur Literatur 223
      1. Zur deutschen Literatur 228
      2. Zur spanischen Literatur 254
      3. Zur englischen Literatur 307
      4. Zur französischen Literatur 315
      5. Zur italienischen Literatur 319
    2. Studien zur Aesthetik und Poetik 312
    3. Studien zur Geschichte und Zeitgeschichte 349
  6. VI. Biographisches 373
  7. VII. Aphorismen 519
    1. Zur Philosophie und Religion 521
    2. Zur Welt- und Menschenkunde 529
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