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460 VI, Biographisches,
aber endlich habituell wert».'», nnd da liebl sie
zuletzt allen Ernst, alles Vermögen Iiei einem
^>edanke>'. zu uenueilen auf,
haftigkeit meiner Natur zu betanipi,,,, das
Lckirciben zur Gewohnheit zn machen nnd die
Pucfie znm Gewerbe, Die Tüchtigen aller ,^e,lc>i
lialten das geionnt! Ich habe es versucht, uud
Werktagsgeschäft,
Mein Geist ist dc» Kränipfen ebenso unter
Nwrjen, als niein >iörper. Jede nur etiono
solche trampfige Infammenziehnng I,eroor, il,,d
erst wenn alle diese Veranlassungen, all diese
Anspannungen entfernt sind, kann niein Geist
sich ausdehnen, und dann toinnit gen'ohnlich
auch die Poesie,
man in seinem dichterischen Wirten einen ziem-
lichen Grad von Phantasie nicht wird abstreiten
!.>,,,,en, doch beim Tenten einen solchen Grad
uon Verstandesge,uäs!heit fordere, das; nn'nn^'isi
von Natur aus dabei alles zurückstößt, was von
der Einbildungskraft hergeholt ist?
Ich habe immer mel>r »ach starken An-
schauungen gearbeitet als nach Begriffen, daher
werde ich ainl), w^nn die Gewalt der ersteren
durch einen Zeitverlauf geschwächt ist, leicht au
meinen Werken irre, nnd meine grosse Gewissen-
haftigkeit läßt mich leicht anf die 2eite der
Tadler, hinübcrtreten.
Ich weiß wohl, wie ich's machen sollte!
Nicht lange über einem Werke brüten, das
Größte und Kleinste, das Oberste und Unterste
haarscharf ausrechnen und dann furchtlos be-
ginnen. Viel schreiben sollt' ich, heranogiVs-.en
die Fülle der Gedanken, wie sie der Gott gibt;
mann so arbeitete, aber ich sollte so tun. Jeder-
mann muß seine Art, zu arbeiten, haben, wie
jeder seine eigene Art, zu sein, hat. Obige ist
die meinige.
Ich weiß, daß ich es nie erreichen werde,
beiden ihr volles Necht geschieht. Man wird
es vielleicht nicht einmal ahnen, daß ich es ge«
Tnß ich bei länger dauernden Arbeiten leicht
dem ersten Plane untren werde, liegt auch mit
darin, daß ich Lieblingsthlünata und Ansichten in mir herumtrage, die sicl, mir nnbewnstt ei„>
mii/Iien, wo e-> nur immer nwgluli m,
Taß meine im Grunde s,!,wa>'I,e Gesiindbeit
>ue l',o ,;>ir e,,ie,,llicl,e,, >>r>i,i!ln'i! lonnitt, oavon
ist wl,'M die Ursache, das', d>'i ,-,>',sluier '^e
!>1>as!,,1,,nq >il>, ,,,c>,> ^r>i>i,,i^,,,,,-> !>'!,!' ,,,,,i>^i
oenen icl, sc>>r nnlvrworicn bin.
Ich habe dnrch schrei,ooqclo 3od vi^l o>r>
loren, Niiltt nur seinen '!>at bei meinen eigenen
Arbeiten, ^iii Iiabe nie nin jc,,,a,ide,, ,,,>',,!^
endeten !^>>>>e eliva-^ na>» seiner '.'.'ieiniüiii g,-
ändert, 'Aber er Iiaüe, was Form nnd 3v>i!mk
betrifft, gleiche Ännilneu mi! ,,,n, >,nd wir
3e,l seinen, ! '^d>- ,st nie,»and in Wie,,, ,i,,l dein
u1, iN'cr >!u,iü>i>',ie,istände sprechen ,,n>>>,,e, ,,i
auch in Tentschland wäre niemand, der mn >,,>'
stände, lwl!',!,',," ,!,!',, ^,!!,e, N'l',,,1 er nicht
innerlich ein lumpiger Patron wäre, Tadnrch
l'llsanere >,nd verstocke i>1, in mir, nnd die Pro«
dutlion stellt sich imnier ferner.
Nie Iugendeindrncte nürd man ni>>,t les.
Meinen eigenen Arbeiten mertt man an, dali
ich in der >lind!,eit niill, an den 0'>m'ler^ nnü
^eeninärchen des Leopoldstädter Theaters er»
götzt habe^ aus Liszts »lamerspiel s
überall die Zigeuner vor.
Woher kömmt wohl die nnbcschreil'lnl,
liche Empfindung, die mich abhält, oder es mir
vielmehr unmögl ich macht, noch ei,,,,,>>
Vorstellung meiner Ahnfrau beizuwolmen? Tril-
Leben nicht vergesse,!, wie mir bei der ersten
Vorstellung zumute war. Ick deute, wenn man
mir unvermutet mein eigenes leben^nosi^-Vild,
in Wachs geformt, naeb der Natnr bemalt, und
liches mit jener Empfindung haben, Tie Gc<
stalten, die man geschaffen und halb sckwebend
in die Lnft gestellt hat, vor sich hintrelen, sich
verkörpern zn sehen, den Klang ihrer Fußtriüe
zu hören, ist etwas höchst Sonderbares, Tie
^lüfsnln'nng meines Stückes hat anch offenbar
mein Schamgefühl verletzt. Es ist etwas in mir,
das sagt, es sei ebenso unschicklich, das Innere
nackt zu zeigen, als dao ^>n,>'re.
Wenn ich mir recht überlege, warum mir
nur Arbeite», die sich rasch in einem Inge voll»
cnden lassen, gelingen, hingegen andere, von
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik