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VI, Viographisckics, 473
Tagebuch aus dem Jahre 1836.
Paris und London.
In Pario angekommen, Ter erste Eindruck
keineswegs ein aneenelnner ^ i - alten Straßen
düster, schmutzig, "erinnern sehr an die ähn-
lichen in Neapel, Unmittelbar vor der Stadt
war der Kot so tief und so in »Inmven, daß
nian über geniertes Feld zn fahren schien.
Auf der Post abgestiegen, Tie Koffer noch ein-
mal, nun znm dritten^Mal visitiert. Mit vieler
'/)>ühe für vermine eine» Fiaker erhalten, in
MM2I8 ilirer tanzenden Berivandten m die
^linie fuhr. Ich zu Fuß mit einem Träger
durch die Stadt, Meine französischen Rcisc-
gescllfchafter wohnten im Hotel de Vretagnc,
Ich uwllte inich auch einmieten, aber, außer
2u quati-iems, lein Zimiuer zu habcu, Wande-
rung nack Quartier, Überall alles beseht. End-
lich i-uL Niclielieu im 5^otll de l Enrupe ein
eigentliches Tachstübchen gefunden, das ich vor-
derhand bezog, um nur des Uciterlanfens
überhoben zn sein, Gewaschen, angekleidet, ge-
frühstückt und so, ohne seit drei Nackte» ge^
scklafeu zu haben, unmittelbar anf die Straße
hinaus. Ich hatte leinen Plan der Stadt,
beigcheu das alles zu kaufen, nnd so nieine,,
Lauf einzurichten. Es war aber Sonntag und
viele Gewölbe, namentlich der Buchhändler, ge-
Nichelien hinab. Und es führte mich zum Glück,
'Auf einein unregelmäßigen Platz angekommen,
sehe ich rechts ein große? Gebäude, Menschen,
die sich an ciu Gitter drängen; Trommeln,
.'lu!i5ieu!-, — Ich stand vor den Tnilerien, Ter
Triumphbogen Napoleons vor mir mit den
modern geneideten steinernen Grenadieren nnd
stechen, Eine steinerne Bärenmüi>' ist nickt nm
ein Haar künstlerischer als der marmorne vwien^
träger des Andreas Hofer zu Innsbruck, ^ck
für mich vorderhand die Lebensader dieses un«
gchenren >!örper^ war, Ich wollte sehen, wohin
sie an ihrem andern Eude führte. Ein düsteres
sckla^eilel dabei, Don »suan ä'^utrielie Mr, , . ,
lle^vi^ns. Es war das IiMtre ir2N?3>3, und
ich wußte nun schon, was ich des Abends zu
tun hatte. Gleich daneben ein Eiugang, mit
hinein, fest entschlosfen, in derselben Richtung
wieder zurückzukehren. Ein ungeheurer «of,
daran stoßend eine Art Garte >, b.-io^ mit bc- enthielten,
Itt, weiß nicht, wie es kam, daß dieses be-
lam, als ich erwartet hatte. Vielleicht trat
ich zuerst iu den kleinen Hof, nnd der erste
Eindrna war somit verloren, Ta waren denn,
trotz des Sonntags, all die Hunderte der
trügen, an dem nichts ncn war, als die Jahres-
zahl 183L, die man ans das veraltete Zeug
Äm oberu Ende führte meine rus liickeü«^
vou der ick uock einen zweiten Seitenabstecker
auf den Börsenplatz und znm Ilieätre 6e I'operz
äe>8 Itali>?!!8, uud uun sah ich denn, was man,
mit dem Namen Paris eigentlich für ein Tiug
bezeichnen will, Graben nud «ohlmartt,
hnndrrlmal aneinander gestückt nnd zwanzig-
voüert und tausendfach verschönert, würden u»
gefähr ein Bild dieser Boulevards geben, Tie
Kaffeehäuser weiß ich ldie l'nöße abiiercchuet)
mit nichts zu vergleich.-», als mit dem Staats-
wagcu, in dem der «ais.-r von Österreich am
Ostermontage nach St, Stephan sälnt. So ging
ill! d,'!üi fort nnd fort, nnd ich sog den Ein-
druck der nngeh.'nren Stadt in mich ein. End-
lich erinnerten mich meine Füße au die drei
dnrckwachten Nächte und au die sechs andern
meiner Reise, die von ieuen uur durch eine
Nackt Scklaf getrennt waren. Ich tonnte nicht
weiter. Ich schleppte mich in ein Gasthaus,
wo ich bis zur Essenszeit i>/,6 Uhr)
nieinen Mn 6« I'^ris studierte, lab!« ä'Iiöts
von wenigstens zwanzig Schüsseln, von einer
Feinheit der Zurichtung, von der man in '.^n',!,
aber, die Wahrheit zu sagen, in diesem Grade
auch in de» meisten andern Pariier Gast-
hänsern, keine Vorstellung hat. Übrigens en-
nuyierte ich mich sehr und ließ gern das
T.'ssert im Stiche, nm, da es inzwischen
2/4? Uhr geworden war, ins Iksätrs iraric^iz zn
gchen,
Tas Stück wurde zum fünf- oder sechsund-
siebcnzigsten Male gegeben, und doch mußte
man Qnene machen, nm zur Kasfe zn gelangen,
Glückliche Theater! Glückliche Autoren! ^ >^>
meincn Gendarmen, der niit dazwischen ge-
haltener 5?nnd eine Barriere bildete und die
>lciue >>etite mnilreü«? hätte das artiger tun
können. Man rcspeltierte aber anch die nach-
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik