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VI,
Wälzte mich schlaflos unihcr, Tie Uubehag-
I>^!,leit bezog sich immer deutlicher nuf den
M'ageu, Es ward ärger und ärger, 2chon
began,, niir angst zn lverde». Ta erklärte sich
die Natur, und der Feind nahm, da er die
5»re zu besilüverlich fand, dnrchs Fenster den
Abzug, Ein ?i»g, das mir seit zwanzig fahren
nicht geschehe». Gleich darauf ein Gefühl von
^olnln-üage», ?ie Gliedmaßen erweichen sich,
Tcr Schlaf stellt sich ei».
Am Murgen noch immer leidlich genug er-
wacht, Schwaigen >lajfee getrunken. Unerträg-
liche «alte, Man dringt mir die Rechnung f»r
den verflossenen M^onat, Leidlich für ein so
teures Gasthaus als das Hüte! ä» p-in«, ob-
schon sechsnndzwanzig Kreuzer schweres Geld
f»r ciunndeinhalb Schalen Kaffee mit Vrol
ehne alle Intat niäit gerade ,vuhlfeil find.
Zu Braut, um das "Englische sortzufehe:,,
Leider kommt ei» Cnmte t«l et, tel, der sich
cben auch auschicit, nach London zn gchen,
erholen will. Gedenkt später über Wien »ach
VlUiisiautinopcl zn reise», schreibt sich daher
meine Advesse auf, da es ihm wohl an Emp«
fehl»,,gen sehlen mag. Unsere Lektion ge-
stört. Es ist drei Uhr, Ich begleite Brant
aus die Post, 2ie Sonne to,»i»t etu>as Her-
vor, Wir gehen durch eiuige Gaffe», Ta er
üaclu iu nur ein Zweifel, ob ich nicht bei
'..Vüwall für diefen Mittag eingeladen sei. Ich
gelie ln», den Bedienten zu fragen, Walirend
i>h mit dicfeni spreche, erkennt man im Nebeu-
-mimer >»e,»e S>i»u»e, Nciüvall, der Vater,
le-mmt heraus, Icl, ni»ü liniei», Tie (iin-
aber meine ^reilieit >uäre niir u»e»dliche Male
lieber. Auf einen A»gcnblick nach Hanfe, Um
sechs Uhr zu Tische, NaZ hcistt seiue Zeit au
>^»dn't, aber die jänunerliche Kalte hindert jede
zwec'mäßigc Venüyung, War mit deu drei
i^e»>va!lc- allein zn Tische, Unterhielten ims
rc>ln gut,
Ab/ndo in die graste Oper, Le pliikee, Wel,
mir, das! ich 'iNr strafe meiner Sü»de» ei»e»,
!0>,l,c>, Geheule beiwohnen mnß, Tie Torus
recht gut, nur bei den Passagen, die sie liebt
und rwn denen il,r, materiell, keine zu schwer
sws^»e als M'M»,ch«ic! ihrer Methode,
>^chl'»s;lich aber die Männer. Ta zeigt sich,
>va>> ei» dramatischer Sänger, das heißt ein
stcllung der Sitnation unterordnet, für ein
l'äsüichcs Ting ist, Ihr Gefang ist ei» Teil
fic eigentlichen Tpaß mit ihrer Stimme, Ich meiüheit, die mich anekelte, dazu seine q»äle»de
Slinnue, die die limpsindung auo de,n ,^alse
gesiinden Ton hervor. Er war offenbar der
Meinung, er müfse das Lächerliche seiner Rolle
trageu. Wodurch Prcuost, der Soldat, sich für
eiuen Sänger hält, gehört unter die Unbe»
greifliclikeiten, Oh,ie Spur der Stimme, ohne
Methode, wäre er kaum zum Choristen gut
beklatschten, die im Grunde viel schlechter als sie.
Nenn die Arme sang nur eiu paarmal falsch,
sangen,
Eiidlich das Ballet I2 tenpete von Coralli,
eine wniiderliche Versch,nclzung von Shcak-
spcarr^ Sturni mit „Fee und Ritter", oder
einem andern Ballet, von dem letzteres etwa
der zehnte oder hundertste Nachklang ist, Tas
läü^e nicht sonderlich. Albert ein sehr guter
Tänzer, Tie Tanien Noblet und Alerio, mit
deueu er ein p.18 6ü troiz tanzt, uicht zu vcr-
achteu. Endlich die beiden Schwestern Elslcr,
Theater gegangen ivar, Thcrese, ei» tanzen-
der Strnßbnrger Münster oder St, Stephans-
turm, konnte mir hier so wenig gefallen, als
Sache» macht und fovicl Grazie hat, alo die
Umstände erlauben, Fannh, bei weitem nied-
licher als fie, obgleich auch eiu wenig aus
!xm ^rakturalphabct, scheint sich iui Ta»-,e
sehr gebessert zu habe». Im Spiele habe ich,
verglichen mit ihrer Leistung i» ,,7vee u»d
Ritter", eher das Gegenteil gefunden, Eo ist
in allen Nuancen, das dein Freunde der Wirk-
lichkeit anch in der Nachahmung inuncr wieder
gefallt. Auch Fauny hat nicht das Ätherische,
Luftige, das niir den Tanz allein zu einem
Genusse macht, Eiu tanzender Körper mit Be-
gierden, statt Seele und Leideuschafteu, Übri-
gens uueudlich viel Gutes, Tie Füsze mel,r
>lraft als Elastizität, Arme und häude oft
!en, ?as Ganze fich zuni Terben hineigend.
Vielleicht zeigt nichts mehr den Verfall der
schöne» Tauztuust in Paris, als der ungeheure
Beifall, den ich übrigens meinen Lands-
männinen von Herze» gönne,
Tnilerieu,
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik