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VI, Biographisches. 505
Muttersprache angeredet, Es ist ein Teutscher,
ein Herr Vulweriuq aus Lievland, den ich schon
neulich aus dem Tamvfboote nach Windfor gc°
lrofiei'.. Wir tauschten unsere Namen aus, Er
ist erfreut usw. Fordert mich auf, des uächstcn
königlichen Geburtstages mit anzusehen. Ich
nehme mit Vergnügen a», und >uir trennten
genieße noch nach Herzenslust den schönen
Garten, die warme Soune und den Anblick der
von ein ostindischer der größten Art, Ein Nas-
horn, vier, sage vier Giraffe», Was weiß ich
»och alles,
Vining, zugleich Herr Korn nnd ein Mann, Er
gleich gut, sie etwas schwächer, ja eiu wenig
Bruder des erstcrn, I, Viuing, höchst ergötzlich
in der Rolle des Tandy, Kapitän Papinger,
Alles andere gut, Tas Lustspiel ist auf einem
hohen Grade der Vollkommenheit in England,
Samstag, den ^, holte mich Herr Bul-
wcring zur Auffahrt nach 2t, James ab. Ich
gehe mit ihm in seine Wohnung, wo noch
zwei Teutsche und ein alter in London ein»
gebürgertcr Franzose fich uns anschließen,
?uvchstreisen den ^ l , Iamespark, stellen uns
am Paläste anf und sehen die Wagen vorbei«
passieren, Tic Anzahl der Wagen ist ungeheuer,
die Pracht minder, als ich sie mir vorgestellt
habe. In Wien ist sie, leider, bei ähnlichen
Gelegenheiten größer, Prinzessin Viktoria ein
gut aussebeudes Mädchen, Tic königliche Garde
länglich, da kaiserlich zu wenig wäre; vor-
ausgesent, daß liier von einen: Regiment die
Rede ist, nnd nicht von 60 galonniertcn In-
validen anf ausgeborgten Pferden, oder ebenso»
vielen adeligen Strohinnteru,
Um vier llhr follte erst der Einzug der unil-
coÄclie» sei», wir beschlossen daher, noch vorher
eine Tampfmasclnncn-Nruckerei zu besehen, die
d.o ^lüas nämlich, in der Nähe des Strand,
Gefällig eingelassen, besehen wir das Ganze,
Zauberan,ge Menschentätigkeit der Maschine,
»Den Zng der mail-co^ctieL versäumen wir
ans Unkenntnis des Weges, und ich gehe mit
meinen neue» Freunden in ihr Vuarding-Housc
zu Tische, Man ißt recht sehr gut da,"
Meuds mit üinen ins Hanniartet-Theater zu
l>>iil'>„ ^>>',,Vn, 2e,,eu e,n Ballett Iulema,
Nicht so übel. Besonders ein junger hübscher
Tänzer, Mr, Maiwt, und die Favoritsultauin
Wlle, Iosephine Tause, die anch andern Leuten
als Favoritc angestanden hätte, Naranf ein
Lustspiel in fünf Akten, mirrieä lils oder so,
Nas Stück gut, die Narstellung vortrefflich,
Nderfeni ivüide es auch bei uns sehr gut ge-
fall,^,, liegen ein INjr m^lgeus nach hause,
Sonntag, den 29,, machte ich mit mehreren meiner Mitkostgängcr einen Ausflug nach High.
gllte und hamstcad in der Nähe von London,
berühmt wegen ihrer hübschen Lage, Alles zu
Fuß, ermüdend und nicht ganz belohnend, Tie
Gegend, anßer dem wunderschönen Grün, mit
unsern Gegenden nicht zu vergleichen. Ein
Luuch, an dem ich aus Erschöpfung mit teil»
nahm, bloß aus Ale und Käse bestehend, setzte
meiueu Magen in eine etwas unbehagliche Ver-
fassung, Wir kamen mittags nach Haufe, was
mir unlieb war, da bekanntlich der SonniaZ
das langweiligste Tiug in London ist. Im Nach»
hanfegchcn anf offener Straße ein junger Metho»
distcnprcdiger, der das .heil seiner Mitmcnfchen
fehr zn herzen nahm, recht gut sprach, aber
uur wenig Zuhörer fand. Nach Tisch mochte
ich mich mit der häuslichen Unterhaltung nicht
begnügen, besonders da an Sonntagen nicht
einmal Kartenspiel oder Mnsik geduldet wird.
Ging daher aus nnd dnrchstrich die Straßen,
die ich zu meinem großen ^»staunen nur wenig
belebt fand, da ich bei dem Gcschlosscnscin aller
öffentlichen Unterhaltnngsplähe nicht begreife,
mcrtagc beginnt. Ging aus Ermüdun.g in eine
Wcinstnbe und trank 3herr»H6ein, der nicht
übe! ichmecttc, aber, wie die Folge zeigte, doch
verfälscht sein mochte,
Montag, den 30, Fühlte gleich beim Er»
wachen Kopf und Magen widerlich) befchwcrt,
wie denn überhaupt gestörte Verdauung und hart.
lcibigkcit die beiden Plagegeister meiner Ncise
sind.
Ging dcmungeachtct, ein paar Kunstatcliers
zu besehcu. Zuerst in die Nationalgaleric Pall»
mall, die ich anfangs Mühe hatte, zn finden,
fo unbekannt war fie allen, die ich fragte. End-
lich, in einem Kupferstichladcn, gab man M',r
richtige Anweisung, Im gegenwärtigen Lokale
ist sie nur provisorisch ausgestellt, daher das
Gebäude nicht sonderlich. Nie Wahrheit zu
gestehen, gefiel sie nur anch nicht besonders.
Große Namen, wie mir schien, und mittelmäßige
Vilder, An der Echtheit der Llaude Lurrainö
wollte ich zweifeln i ein guter norwegischer Maler
versicherte mich aber vom Gcgentcile und ihrem
lwhcn Werte, Er mag wohl recht haben' und
meine Unkenntnis oder kränkelnde Mißstimmung
die Schuld tragcu. Ebenso kanien mir die Eor-
reggios sonderbar vor, Ich bin kein Kenner,
obgleich sonst ein ziemlich richtiger Empfinder,
'Toch das glaubt jedermann zu sein, Dic
Wilkies jedermann einleuchtend und gewiß vor-
trefflich, hogarths heirat nach der Mode, in:
Original und, wie natürlich, die Kupferstiche im
Ausdrucke weit hinter fich lassend. Für die
Wests gebe ich nicht viel, Nembrandts Ehe»
ln'echerin vortrefflich angeordnet und beleuchtet,
fönst wohl ein wenig gemein, Rubens, wic
überall nsw,
idicranf in die Li-itki8 Inztitution; eine Aus»
stellung von Privaten, ans ihren Knustfchäycn
zufammengcstcllt, hier ging mir das herz auf.
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik