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steilrandigen Abstürzen sich über der älteren Schieferzone erheben, während die im Norden
angrenzenden Ketten nnd Gebirgszüge an Höhe und Mächtigkeit stufenweise abnehmen.
In einer Linie, die annähernd durch die Ortschaften St. Veit, Kalksburg, Kalteuleutgeben,
Altenmarkt, Haiufeld:c. zu ziehen wäre, werden sie von einer jüngeren Parallelzone
begrenzt, welche im Gegensatze zur Kalkzone nach ihrem herrschenden Gesteine die Wiener
Sandstein- oder Flyschzone benannt zu werden Pflegt.
Irrig wäre es, sich die Kalkzone der Alpen durchaus nur aus rein kalkigen oder
dolomitischen Gesteinen aufgebaut zu denken. Es sind im Gegentheile auch innerhalb der
Reihenfolge dieser kalkigen Sedimente bald in größerer, bald in local beschränkter Aus-
dehnung anders geartete mergelige, schieferige und sandige Ablagerungen eingeschaltet,
welche die vielfach wechselnden Contonren der Landschaft im Wesentlichen bedingen. Vor
Allem ist hier eines solchen sandig-schieferigen Gesteins-Niveau zu gedenken, das an der
Basis der gesammten Kalkmassen liegt, es ist dies der Werfen er Schiefer (nach dem
Orte Werfen bei Salzburg benannt, wo er zuerst eingehend stndirt wurde), ein Gebilde,
welches sowohl für die geologische Forschung von höchster Bedeutung, als für das Leben
von Organismen von ausnehmend praktischer Wichtigkeit ist. Der Werfener Schiefer,
seiner Hauptmasse nach aus Quarzkörnern, Kalk, Thon, etwas Glimmer nnd Eisenoxyd
sowie Eisenoxydhydrat bestehend, unterliegt sehr der Verwitterung und sein reicher Thon-
gehalt verhindert das rasche Aufsaugen oder Absinken des Wassers in tiefere Schichten.
Er bildet daher einen der Vegetation sehr günstigen Boden und gibt, wo er von stark
zerklüfteten Kalkmassen überlagert wird, Anlaß zur Bildung reicher Quellen, indem das in
den Kalkbergen eingesunkene Wasser auf ihm, als wasserdichter Unterlage sich ansammelt,
stant und an geeigneten Stellen zum Austritte gelangt. An sein Auftreten und seine
Verbreitung ist daher die Entstehung culturfähiger und fiir ausgedehntere menschliche
Niederlassungen geeigneter Gebiete in erster Linie geknüpft. Ihm verdankt der Kaiser-
brnnnen uud Stixeusteiu seine Quellen und Wien seine segenbringende Wasserleitung.
Unmittelbar nach dem Absätze der mächtigen Kalkmassen der triadischen nnd
rhätischen Zeit machten sich Bewegungserscheinungen bemerkbar, durch welche die
abgelagerten kalkigen Sedimente in die Gebirgsbildung einbezogen, das heißt nach
vorherrschend longitndinalen Linien parallel zur Axe des Gebirges in Falten gelegt,
theilweise sogar zum Auseinanderbersten gebracht wnrden. Schon die nächstfolgenden
Ablagerungen der jüngeren^ (jurassischen) Zeit erfolgten auf einem durch bedeutende
Unebenheiten des Bodens sich kennzeichnenden Meeresgrunde. Ihre räumliche Anordnung
und ihre Unregelmäßigkeit weisen mit Bestimmtheit auf jene Störung in den Niveau-
verhältuisseu hin. Schöne Beispiele solcher Faltenbilduugeu und Ausrichtungen bieten uns
die nächstgelegenen Thäler der südlichen Umgebung, wo zur Gewinnung von Kalk und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317