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(deeuriones), an dessen Spitze in Carnnntum vier, in Vindobona zwei Richter (quutuor-
viri und äuumviri ^uri äieunäo) standen, nebst Ädilen für die administrativen und
Quästoreu sür die finanziellen Geschäfte. Außerdem werden Angnstalen uud Auguren,
sowie jene staatlich organisirten Genossenschaften, c-vUeZia, aufgeführt, welche ein Zeichen
des Durchgreifens römischer Anschauungen sind, wie das evIlöKium vadi um iu Vindobona,
das collössium veteraiioruln centoliariorum, beide freiwillige Feuerwehren aus Werk
zeugarbeitern und Kissenfabrikanten gebildet, und andere ungenannte. Unter Septimins
erscheint das bedeutendere Carnnntum schon als Colonie, das ist als eine mit weiteren
Borrechten ansgestattete Gemeinde.
Über den Bereich der Civilstädte hinaus sind die Anzeichen eines tieseren Eindringens
der römischen Bildung sehr vereinzelt; die Grabsteine lassen, soweit sie nicht an den
Heerwegen standen, aus den meist heimischen Namen der Bestatteten auf ein kräftiges
Fortbestehen norischeu Wesens, zumal im gebirgigen Hinterlande, schließen.
Ähnliches gilt vom oberen Landestheile, hier entwickelten sich am Strome selbst
keine größeren Civilorte; die Besatzungen der Castelle waren zu weuig zahlreich, um jenen
ausgiebigen Schutz, die classischen Elemente in ihnen zu wenig dicht, um jene Anregungen
zu bieten, welche die Legionslager unter dem Wienerwalde ausübten. Wohl bildete sich
eine römische Gemeinde im Innern des Landes an dem vorzüglichsten Knotenpunkte des
localen Verkehres in OUum (St. Pölten), das schon zur selben Zeit wie Caruuntum
eine Mnnicipalverfassnng mit Decurionen, Dnnmvirn, Ädilen, Qnästoren und Auguren
erhielt; anch ein eolle^iam des Hercules und der Diana (ein Verein von Verehrern dieser
Götter) und ein evIIsAiuin vadium hat es anfzuweifeu, letzteres widmete die Wieder-
herstellung eines Tempels, wozu das Geld durch eine Sammlung aufgebracht worden war,
dem Kaiser Marc Anrel (169 bis 180). Aber obwohl das Gebiet von lüetium mit dem
ehemaligen Viertel ober dem Wienerwalde zusammenfiel, so daß es bis an die Enns
hinaufreichte, scheint hier ungeachtet dieser großen Ausdehnung das Römerthum nicht so
ausschließlich wie in Vindobona und Carnnntum vorgewaltet und durchgegriffen, sondern
ein starkes Element romanisirter Noriker, das sich auch behauptete, an der Seite gehabt
zu haben. Ja, nach Aussage eines Gelübdesteines hat in der Gegend von Perwart die
Verehrnng des heimischen Kriegsgottes Marmogius fortgedauert, während die Votiv-
altäre der Castelle und Civilstädte nur die gewöhnlich mit dem Lagerleben in Verbindung
stehenden römischen und orientalischen Götterculte erweisen. — Neben den Votivsteinen
geben die den Kaisern gewidmeten Ehreninschriften Zeugniß von dem Römerthum in
unserem Lande insoferne, als dieses von der Kaserne ausgehend die Verbindung mit dem
obersten Kriegsherrn zu seinen charakteristischen Merkmalen zählt. In Carnuntnm hat man
solche Denkmale mit den Namen Vespasians und seiner Söhne (73), des Trajan (107),
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317