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berühmtesten und ältesten solcher Schulen war die zu Göttweig unter dem gelehrten Abte
Hartmann (1093 bis 1114); ihr zunächst sind jene von Melk, Herzogenburg und
Klosterneuburg zu nennen. Neben dem Unterrichte befaßten sich die Mönche auch mit der
Geschichtschreibung — meistens Chroniken und Lebensbeschreibungen —, die 1123 in
Melk begann und seit der Mitte des XII. Jahrhunderts nach anderen Klöstern verbreitet
wurde, außerdem mit der Dichtkunst und in eigenen Schreibgemächern oder Scriptorien
mit dem Abschreiben und Malen der Handschristen.
Aber nicht allein die Wissenschaften, auch die Künste fanden in den Klöstern ihre
Pflege. Die ältesten Klosterkirchen waren romanische Anlagen mit breiten Wandflächen,
welche mit Malereien geschmückt waren; dies erhellt ans einer Urkunde von 1170, worin
Propst Heinrich von St. Pölten den Abt Heinrich von Tegernsee ersucht, ihm einen des
Malens kundigen Jüngling (jungen Mönch) zu senden, damit er die Bilder seiner Kirche
vollende. Von den meisten dieser ersten Klosterkirchen ist nichts mehr vorhanden, nicht
einmal Abbildungen veranschaulichen uns dieselben; in den Cistereienserklöstern Heiligen-
kreuz, Zwettl und Lilienfeld allein noch stammen die ältesten Theile von Kreuzgang, Kirche
und Dormitorieu (Schlafstätten der Mönche) aus jener Zeit.
In Österreich unter der Enns blühte schon nnter den Babenbergern der Handel zu
Wasser und zu Lande, und gerade hier, an der Grenze zwischen dem aufstrebenden
industriellen Westen nnd den an Rohprodukten reichen Ländern des Ostens, hier, wo auch
eine der wichtigsten Verkehrsadern, die Donau, strömt, mnßte sich derselbe umso lebhafter
entwickeln. Namentlich haben die Kreuzfahrten ins heilige Land unter Leopold dein Heiligen
und Heinrich Jasomirgott, die ihren Weg durch Österreich uahmeu und überall große
Bedürfnisse an Lebensmitteln, Kleidern und dergleichen hervorriefen, also den inneren
Handel steigerten, auch die Handelsbeziehungen nach Constantinopel und den Orient
erweitert; Tulln, Wien und Hainburg entwickelten sich daher zu bedeutenden Niederlage-
uud Marktplätze», Ibbs, Melk uud Stein zn ertragreichen Manth- und Zollstätten. Auch
der Waaren- und Handelsverkehr, der im XII. Jahrhundert über St. Pölten ging, kann
ein blühender und jener auf der altberühmten Straße über den Semering nach Venedig
sogar ein überaus reger genannt werden.
Handel und Verkehr bedingte« aber auch eine gntc Münze und bewirkten einen
raschen Umsatz derselben. Die Münzprägung war ausschließlich laudessürstliches Regale
und geschah iu den Schlag- und Münzstätten zu Krems, Wien und Neustadt. Selbst aller
Verkehr mit Gold- und Silbermnnzen, ja mit Perlen und Edelsteinen war unmittelbar
unter die Münze gestellt.
Mit dem Anfschwuuge des Handels und der Gewerbe in den Städten mußten
naturgemäß auch die rechtliche» und socialen Verhältnisse der Bürger geregelt werden; es
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317