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Wie am Beginne des unheilvollen dreißigjährigen Krieges, so wnrde auch am Ende
desselben Niederösterreich jenseits der Donau wieder die große Heerstraße für feindliche
Scharen, welche überallhin Bedrängnisse und Leiden brachten.
Nach der für den schwedischen General Torstenson siegreichen Schlacht bei Jankau
in Böhmen stand diesem der Weg über Mähren nach Niederösterreich offen, wo sich
zunächst das wehrlose Netz ergeben mußte (23. März 1645). Von hier ans zog Torstenson
in das Viertel ober dem Manhartsberge; Dürrnstein, Stein, Krems und viele Ortschaften
und Burgen kamen in seine Gewalt. Nun kehrte sich Torstenson gegen das Viertel unter
dem Manhartsberge, wo heute noch unter andern die Ruinen Falkenstein und Kreuzenstein
an die damalige Zerstörung erinnern, und zog gegeu Wien. Der Kaiser und die nieder-
österreichischen Stände, unter ihnen der hochverdiente Abt Cornelius Strauch von Lilien-
feld, hatten viele Anstrengungen gemacht, Geld und Truppeu herbeizuschaffen, um der
drohenden Gefahr vor Wien zu begegnen. Ende Mai wurde deu Schweden die Wolfs-
schanze entrissen, wodurch Wien vom Feinde befreit war. Die Kaiserlichen unter dem
Generalissimus Erzherzog Leopold Wilhelm und dem Feldmarschall Johann Christof
Grasen von Puchheim drängten die Schweden allmälig aus Niederösterreich hinaus,
das 1646 von ihnen gänzlich gesäubert war.
Durch die ränkevolle, aggressive Politik König Ludwigs XIV. von Frankreich war
die Regierung Kaiser Leopolds I, eine sorgenreiche; auch die Erbländer, wenngleich nur
iudirect, wurde» insoserne betroffen, als sie große Opfer an Geld und Truppen zu
bringen hatten. Die „Landtagshandlungen" der niederösterreichischen Stände enthalten
dafür zahlreiche Beweise. Niederösterreich aber, das von seinen früheren schweren Schlägen
sich allmälig erholt hatte, wurde gegen Ende des Jahrhunderts noch von zwei Ereignissen
schwer betroffen: von der großen Pest, 1679, und von dem Einbrüche der Türkeu, 1683.
Die Pest oder „leidige Eontagion" war 1679 besonders heftig. Die gleichzeitigen
Schilderungen ihres Verlaufes bis in den December dieses Jahres, namentlich aber
während ihres Höhepunktes in den Monaten Juli und August sind voll von schrecklichen
Begebenheiten, von grauenerregenden Scenen, aber auch von erhebenden Beispielen
christlicher Nächstenliebe und Selbstaufopferung in allen Kreisen der Bevölkerung. Die
Thore der Städte wareu streng abgesperrt uud bewacht und aller Verkehr von Personen
und Waaren unterbrochen, die Straßen und Wege meistens nur von „Pestknechten",
Flüchtlingen, Fremden oder Bettlern betreten. Wie viele Personen in ganz Niederösterreich
an dieser furchtbaren Krankheit starben, ist schwer anzugeben, da Sterberegister nicht
geführt uud nachträglich nur summarische Aufzeichnungen gemacht wurden. Noch eriuuern
die Dreifaltigkeitssäulen auf den Hauptplätzen der meisten niederösterreichischen Städte an
dieses traurige Ereigniß.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317