Seite - 198 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
Bild der Seite - 198 -
Text der Seite - 198 -
198
von Haus zu Haus und geben das Zeichen zum englischen Gruß. Dabei bedienen sie sich
allerlei Sprüchlein, z. B.:
Fallt nieder, fallt nieder auf eure Knie
Und betet ein Naternnjer und ein Ave Marie".
„Wir ratschen, wir ratfchen den englischen Gruß,
Den jeder katholische Christ beten muß.
Am Charsamstag früh lautet der Spruch:
„Wir ratschen, wir ratschen zur Pumpermetten,
Weiber, stehts auf und backts Osterflecken!"
Vor dem Gottesdienste (Laa, V. u. M. B.):
„Wir ratschen, wir raschen, d'Fast'n is aus,
Eier, Geld, Flecken (Wein) heraus,
D'Fast'n is aus"!
Am Charsamstag Vormittags findet die Feuerweihe statt. Nachdem die kirchliche
Ceremonie beendigt ist, sucht jeder zuerst das mitgebrachte Weihholz anzubrennen. Sobald
dies gelungen ist, eilt man hier und da (z. B. am Wechsel) im raschen Laufe nach Hause,
um an dem noch glimmenden Holzprügel die Herdflamme zu entzünden. Wo die Entfernung
zu groß ist, trägt man das geweihte Feuer in einer Laterne heim. (Nicht allgemein.)
Weihholz steckt man fast überall auf die Felder und bei heftigen Gewittern wird es zu
Hause angekohlt, um Elementarfchadeu abzuwenden. Im V. O. M. B. (z. B. um Weitra)
nennt man das Weihholz auch „Jndensteckerl" (Stock, Stecken), und da die vom Vorjahre
noch vorhandenen Reste sammt den „alten Palmbesen" am Charsamstag im „Osterfeuer"
verbrannt werden, erklärt sich wohl der Ausdruck „Judasverbrennen". In Puchenstuben
(V. O. W. W.) verbrannte man früher den „Judas" in Gestalt eines Strohwisches nach
beendigter Feuerweihe und bewahrte ein Stück „Judaskohle" das ganze Jahr hindurch
im Hause auf; es soll die Kraft haben, Unglück vom Nutzvieh fernzuhalten. Auch von dem
an diesem Tage geweihten Wasser (Taufwasser) trägt man kleinere Gefäße voll mit heim,
denn das Weihwasser („der Weihbrunn") darf in keinem christlichen Hause fehlen. Einen
herrlichen Anblick bieten im V. U. W. W, besonders vom Steinfelde bis gegen die steier-
märkische Grenze hin, die am Charsamstag nach der Auferstehung oder am Ostersonntag
früh vor Sonnenaufgang auf den Höhen flammenden Osterfener, die an den altgermanischen
Sonnencnlt erinnern. Böller- und Pistolenschüsse knallen dabei unausgesetzt, bis das letzte
Flämmcheu erloschen ist. Auch ein schönes Gebetlein, das zugleich die Schlußstrophe eines
Weihnachtsliedes bildet, sprechen die Bursche, nachdem sie das Feuer angezündet haben:
„Den liab'n Herrgott thnan ma bitt'n, Daß er nns im Summer
Daß er all' unsre Hütt'n Hilst in unserm Kummer
Vor der Feuersbrunst hübsch bewahr'; Und vor Schauerschlägen nns bewahr'!"
Am Ostersonntag geht der Hansvater mit den Seinen (hier und da nur die
jüngeren uud ledigen Leute) beim erste» Morgengrauen hiuans auf die Flur, um uuter
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317